Seit den frühen Morgenstunden hatte sich ein Militärputsch abgezeichnet. Das Militär besetzte die nationalen Fernseh- und Radiostationen und versprach eine «wichtige Ankündigung in Kürze». Die Sudanesinnen und Sudanesen, die vier Monate lang protestiert und den Rücktritt von Präsident Baschir gefordert hatten, mussten sich aber noch einige Stunden gedulden. Erst heute Nachmittag kam die erwartete Ankündigung – und zwar von Verteidigungsminister und Vize-Präsidenten Ahmed Awad Ibn Auf. Einem der über Jahre engsten Vertrauten von Langzeitpräsident Baschir.
Dreimonatiger Ausnahmezustand
Omar al-Baschir sei verhaftet worden und befinde sich an einem sicheren Ort, liess der Verteidigungsminister am Staatsfernsehen verlauten. Die Grenzen bleiben bis auf Weiteres geschlossen. Der Ausnahmezustand wurde für weitere drei Monate verhängt. Alle politischen Gefangenen sollen freigelassen werden. Ein Militärrat werde das Land zwei Jahre lang regieren, eine neue Verfassung solle geschrieben werden. Nach Ende der Übergangszeit sollen freie und faire Wahlen durchgeführt werden.
Hatten Sudanesinnen und Sudanesen seit den frühen Morgenstunden auf den Strassen bereits das Ende von Baschir gefeiert, so scheint die Stimmung nach der Ankündigung des Militärs nun umzuschlagen. Denn die Protestierenden hatten nicht nur ein Ende von Präsident Baschir, sondern ein Ende des Regimes sowie eine zivile Regierung gefordert. Die «Sudanese Professional Association», eine Art Gewerkschaftsdachverband, der federführend war in der Organisation der Proteste, verurteilte den Putsch und rief die Demonstrierenden auf, nicht von der Strasse zu weichen, bis eine zivile Regierung die Macht übernimmt. Viele Sudanesinnen und Sudanesen scheinen der Aufforderung nachzukommen.
Es wird nun ausschlaggebend sein, wie die seit wenigen Stunden führenden Militärs auf die Proteste reagieren und ob sich die Demonstrierenden an die Ausgangssperre, welche ab heute Abend um 10 Uhr gilt, halten werden.
Omar al-Baschir: nach drei Jahrzehnten abgesetzt
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Bild 1 von 10. Drei Jahrzehnte lang sass Sudans Präsident Omar al-Baschir fest im Sattel. Seine autoritäre Herrschaft prägten Gewalt und Konflikte. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 10. Doch nun sind ihm die Massenproteste der Bevölkerung, die seiner Herrschaft und der wirtschaftlichen Missstände im Land überdrüssig geworden ist, zum Verhängnis geworden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 10. Al-Baschir hatte eine lange Karriere im Militär: rechts im Bild als Brigadier. 1989 putschte er sich an der Spitze einer Gruppe von Offizieren unblutig an die Macht. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 10. Seinen Ruf als brutaler Diktator erhielt Al-Baschir vor allem auch durch den Darfur-Konflikt. Dieser brach 2003 im Westen des Landes zwischen Volksgruppen, die mehr politische Mitbestimmung forderten, und der Regierung in der Hauptstadt Khartum aus. Bild: Rebellen der Sudan Liberation Army im Training. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 10. Schätzungsweise 300'000 Menschen wurden im Darfur-Konflikt getötet und Millionen vertrieben. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 10. Am 14. Juli 2008 kündigte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) in Den Haag, Luis Moreno Ocampo, einen Haftbefehl gegen Al-Baschir wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen im Darfur-Konflikt an. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 10. Der Internationale Strafgerichtshof erliess zwei Haftbefehle gegen Al-Baschir. Aber diese schienen ihm nichts auszumachen. Er reiste zum Beispiel nach China oder in den Iran. Aus Nigeria musste er allerdings vorzeitig abreisen, nachdem dortige Menschenrechtsaktivisten vor Gericht gegangen waren, um seine Verhaftung zu erwirken. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 10. 2014 teilte die Chefanklägerin Fatou Bensouda dem UNO-Sicherheitsrat mit, dass sie ihre Ermittlungen mangels Aussicht auf Erfolg einstellen müsse. Denn die afrikanischen Staaten, die Al-Baschir nach der Ausstellung des internationalen Haftbefehls bereist hatte, waren nicht bereit, diesen zu vollstrecken. Bildquelle: Reuters.
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Bild 9 von 10. Al-Baschir steht als Präsident auch für eine weitere Islamisierung des Landes, was die Konflikte mit christlichen und animistischen Sudanesen im Süden des Landes sowie in der Provinz Darfur verschärfte. Bild: Unterricht in einer islamischen Schule. Bildquelle: Reuters.
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Bild 10 von 10. Al-Baschir habe auch in Teilen der Bevölkerung viel Sympathie gehabt, erklärt Sudan-Expertin Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik aus Berlin. «Er hat sich immer als Teil des Volkes dargestellt.» 2009 tanzt der Präsident in südsudanesischer Tracht mit Speer. Bildquelle: Keystone.