Militärallianz ist ein grosses, ein zu grosses Wort für das, was die USA vorhaben. Im Grunde geht es eher um ein befristetes Zweckbündnis oder, ganz simpel, um eine gemeinsame Militäroperation. Aus US-Sicht ist klar, wer hinter den Angriffen auf Öltanker im Juni im Persischen Golf steht: der Iran. Die Europäer jedoch sind weniger sicher und haben bisher offiziell Teheran nicht angeschuldigt, obschon es zumindest Hinweise, wenn auch noch keine Beweise für eine iranische Täterschaft gibt.
Die USA wollen nun andere Staaten dafür gewinnen, gemeinsam solche Attacken zu verhindern oder abzuwehren. Das Konzept des Pentagons: Die USA sorgen für Aufklärung und Überwachung und führen das Kommando. Die Partnerstaaten stellen die Kriegsschiffe für Patrouillen und eskortieren Handels- oder auch Passagierschiffe, um sie so zu schützen.
Anti-Piraterie-Operationen als Grundlage
Ein Stück weit ist die Aufgabe vergleichbar mit jener der Pirateriebekämpfer vor der Küste Somalias. Auch dort geht es darum, zivile Schiffe zu schützen. Der Unterschied besteht darin, dass die somalischen Piraten Schiffe kapern, um Lösegelder zu erpressen, und später wieder freigeben. Bei den von Washington dem Iran zugeschriebenen Attacken ging es um Sprengstoffanschläge auf Schiffe.
Auf jeden Fall kann sich die geplante, von den USA geführte «Koalition» auf die bestehenden Anti-Piraterie-Operationen stützen. Diese wurden zwar in den letzten Jahren kräftig heruntergefahren. Es operieren aber immer noch die sogenannte «Combined Task Force 150» und die «Combined Task Force 151» in der Region. Ebenso die von der EU organisierte Mission «Atalanta». Beide Operationen stützen sich auf Kriegsschiffe aus zahlreichen Ländern. Ausserdem sind in der Gegend noch chinesische, russische, indische oder japanische Marineschiffe gegen die Piraten im Einsatz.
Wer macht mit?
Die Frage ist allerdings: Wer macht bei der neuen US-Operation mit? Als Pentagon-Chef Mark Esper vorletzte Woche die Idee am Nato-Verteidigungsministertreffen erstmals vorstellte, fielen die Reaktionen, gelinde gesagt, verhalten aus. Kein einziges Nato-Partnerland mochte sich zu einer konkreten Zusage durchringen.
Ganz sicher nicht mitmachen an einer solchen Operation unter US-Führung werden die Russen, die Inder oder die Chinesen. Selbst wenn auch ihre Schiffe von Attacken betroffen sein könnten. Und obschon besonders Indien und China eine Sperrung des Nadelöhrs von Hormus fürchten, wie sie vom Iran angedroht wurde. Durch diese enge Wasserstrasse gehen die Ölimporte dieser beiden und unzähliger weiterer Länder. Am ehesten dem US-Wunsch oder der US-Forderung anschliessen, in der Koalition zur See mitzumachen, dürften sich Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Allerdings sind ihre maritimen Mittel begrenzt.
Heikles Engagement
Für die Europäer wäre ein Engagement indes äusserst heikel. Zumal die USA mit ihrem Plan nicht nur ein militärisches Ziel verfolgen – den Schutz ziviler Schiffe –, sondern uneingestanden auch ein hochpolitisches: Sie möchten die westlichen Verbündeten und weitere Staaten in einen Schulterschluss, auch einen militärischen, gegen den Iran einbinden. Vor allem die Europäer verweigern sich diesem vorläufig, wie sie das auch bei den Sanktionen tun. Sie hoffen immer noch, das Atomabkommen mit dem Iran irgendwie retten zu können.
Die Chancen, dass sich da eine potente, international breit abgestützte maritime Anti-Iran-Koalition gemäss den Plänen des Pentagon bildet, sind also eher gering.