Wie fallen die Reaktionen auf Johnsons Sieg in Brüssel aus?
Sie seien alle professionell diplomatisch, sagt EU-Korrespondent Sebastian Ramspeck. Sowohl der scheidende EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wie auch seine Nachfolgerin, Ursula von der Leyen, haben Boris Johnson gratuliert. Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier hat betont, das Scheidungsabkommen werde nicht neu verhandelt. «Das war und ist der heilige Vers auf Seiten der EU», so Ramspeck.
Sebastian Ramspeck
Internationaler Korrespondent
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Sebastian Ramspeck ist internationaler Korrespondent für SRF. Zuvor war er Korrespondent in Brüssel und arbeitete als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.
Wie wird Johnson den Brexit vollziehen?
«Es wird schon wieder in Szenarien gesprochen», so Grossbritannien-Korrespondentin Henriette Engbersen. «Wir werden im Oktober wilde Zeiten haben, wie schon im Frühling unter Theresa May.» Der neue britische Premier werde wohl Ende August nach Brüssel gehen. «Und was immer er zurückbekommt, wird er als seinen Deal verkaufen.» Engbersen vermutet allerdings nicht, dass sich dieser Deal von dem, den seine Vorgängerin ausgehandelt hat, unterscheidet.
Henriette Engbersen
Grossbritannien-Korrespondentin, SRF
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Engbersen ist seit Frühling 2017 Grossbritannien-Korrespondentin von SRF. Sie ist seit 2008 für das Schweizer Fernsehen tätig, zuerst als Ostschweiz-Korrespondentin und später als Redaktorin der «Tagesschau».
Hat Johnson das Parlament hinter sich?
Die SRF-Korrespondentin schätzt, dass der auszuhandelnde Deal nicht durchs Parlament kommt. Dann droht der No Deal. «Und dagegen wird sich wiederum das Parlament mit aller Macht stemmen», so Engbersen. Diesen Machtkampf könnte es für sich entscheiden. Und gelingt es Johnson nicht, das Parlament auszuhebeln, könnten Neuwahlen auf die Agenda kommen. Dass er das Unterhaus suspendiert, wäre ohnehin ein untypischer Schritt, den er von der Queen absegnen lassen müsste – und gegen den sich das Parlament auch wehren würde.
Was kann Brüssel überhaupt anbieten?
Gelingt es dem neuen britischen Premier, den vertragslosen Brexit als glaubhafte Drohkulisse aufzubauen, bekämen es doch einige EU-Staaten mit der Angst zu tun, meint EU-Korrespondent Ramspeck. «Dann könnte die EU als Kompromiss einen befristeten Backstop anbieten. Aber in Brüssel hoffen alle darauf, dass das britische Parlament sowieso um jeden Preis ein Abkommen verhindern will.»
Backstop als Übergangslösung
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Der sogenannten Backstop ist die von der EU geforderten Garantie für eine offene Grenze zwischen Irland und Nordirland nach einem Brexit.
Die Klausel sieht vor, dass Vereinigte Königreich so lange als Ganzes in einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis eine andere Lösung gefunden ist. Nun soll das «rechtlich verbindliche Instrument» noch deutlicher machen, dass der Backstop höchstens eine Übergangslösung ist.
Auch das SRF-Publikum hat Fragen. So etwa Heinz Lindenmann:
Wie verhält sich die Opposition?
«Die Labour-Partei wird versuchen, Johnson durch ein Misstrauensvotum zu stürzen. Denn sie hat ein Ziel vor Augen: Neuwahlen und selber an die Macht kommen. Übrigens: In diesem chaotischen Zustand, auf den wir zusteuern, hätte auch ein zweites Referendum wieder bessere Chancen», antwortet Engbersen.
Oder Markus Dudler:
Ticken ‹BoJo› und Trump ähnlich?
Korrespondentin Engbersen sagt dazu: «Die Briten, die ich gefragt habe, finden: Nein. Im Gegensatz zu Trump ist der charismatische Johnson Teil der politischen Elite. Was ihn aber mit Trump eint: Er interessiert sich manchmal nicht so sehr für die Details. Das hat man gemerkt, als er Aussenminister war.»
Werden die Briten am 1. November noch in der EU sein?
Aufgrund des komplizierten innenpolitischen Prozesses glaubt Ramspeck: Ja. Mindestens bis Ende 2019 werde Grossbritannien noch Mitglied der EU sein. Engbersen hingegen glaubt: Grossbritannien wird vor Ende 2019 kein EU-Mitglied mehr sein. Ende Oktober könnte wegen Neuwahlen knapp werden. Doch: «Die Tories und Johnson müssen den Brexit vollziehen. Es gibt viele Parteimitglieder, die sagen, wenn die Tories den Brexit bis Ende Oktober nicht vollziehen, ist die Partei erledigt. Johnson wird deshalb viel daran setzen, das Ziel zu erreichen.»
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