Um Punkt elf Uhr bricht die CDU mit Angela Merkel. Der Bruch ist endgültig und unumkehrbar. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz steht an seinem gläsernen Pult auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes in Berlin. Vor sich hat Merz zwei eng beschriebene A4-Seiten liegen – auch folgender Satz steht darin: «Wir stehen in Deutschland vor dem Scherbenhaufen einer seit zehn Jahren fehlgeleiteten Asyl- und Einwanderungspolitik.»
Vor zehn Jahren sagte Angela Merkel den Satz: «Wir schaffen das!» – und meinte damit die immense Masse von Geflüchteten, die sich vor allem aus Syrien nach Deutschland bewegte. Merkel öffnete die Grenzen – und die Menschen kamen. In ihrer Biografie begründet Merkel ihre damalige Haltung auch mit ihrem christlichen Glauben. Es ging um Barmherzigkeit und Nächstenliebe. Doch bald zeigte sich: Deutschland ist überfordert mit der Masse, immer mehr Menschen fühlten sich verunsichert, unwohl. Zudem zeigte sich: Wer einmal in Deutschland ist, wird das Land kaum mehr verlassen. Zu gross die Schlupflöcher, zu untauglich die EU-Gesetzgebung, zu schwach der Rechtsstaat.
«Das Mass ist endgültig voll»
Heute, im Januar 2025, sagt Friedrich Merz, der Kanzlerkandidat und ewige Merkel-Rivale: «Das Mass ist endgültig voll». Merz sagt das unter dem Eindruck einer Tat, die Deutschland erschütterte. Nach den Anschlägen von Solingen und Magdeburg war es in Aschaffenburg am Mittwoch wieder ein Geflüchteter, welcher Menschen tötete und verletzte. Der Mann aus Afghanistan hätte Deutschland längst verlassen müssen. Er war psychisch krank – wurde aber mit einer grossen Tüte voller Medikamente immer wieder nach Hause geschickt.
Er verschwand unter dem Radar der Behörden – und kam als Mörder zurück ans Tageslicht. Der Schock ist gross, der Schmerz tief. Da nützt es auch nichts, wenn die amtierende SPD-Innenministerin Nancy Faeser auf gestiegene Rückschaffungszahlen hinweist.
Knallhart-Plan des Kanzlerkandidaten
Nun will Merz durchgreifen – natürlich auch mit Blick auf die anstehenden Bundestagswahlen. Wenn er Kanzler sei, sagt Merz, wolle er am ersten Tag durchgreifen – es klingt ein bisschen wie bei Donald Trump. Die Grenzen schliessen. Abschiebegefängnisse bauen. Keinen mehr nach Deutschland lassen, der keine gültigen Papiere hat. Ein «faktisches Einreiseverbot», auch wenn das Europarecht bricht. Alles Dinge, welche die AfD, die Alternative für Deutschland, schon lange fordert.
Sekundiert wird Merz von Markus Söder in Bayern. Der dortige Ministerpräsident spricht von einer 180-Grad-Wende im Asylbereich, von einer Asyl-Zeitenwende. «Kompromisslos» wolle man das durchsetzen nach der Bundestagswahl, sagen Söder und Merk im Einklang.
Wer trägt den Kurs von CDU-Chef Merz mit?
Doch welcher mögliche Koalitionspartner trägt das mit? Die Grünen? Es wäre für die Friedenspartei ein weiter Weg – einer, der diesmal vielleicht zu weit ist, nach all den Zugeständnissen, welche die Grünen schon in der Scholz-Ampel machen mussten. Die SPD? Können die Sozialdemokraten Ja sagen zu einem generellen Asylstopp? Und könnte Merz Nein sagen zu Kompromissen, weil er weiss: Die SPD ist wohl der einzige mögliche Koalitionspartner? Gleichzeitig muss Merz wissen: Wenn er nicht hält, was er verspricht, spielt das der AfD in die Hände. Auf den Schultern des Chefs der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands lastet ab heute ein noch grösserer Druck.
Gleichzeitig erleichtert Merz wohl, dass er die Ära der Merkel-CDU heute eigenhändig und endgültig beendet hat. Um Punkt elf Uhr.