Nach langem Hin und Her und ungewisser Fahrtrichtung hat sich das Unterhaus am Abend doch noch dazu durchgerungen, Neuwahlen zuzustimmen – und zwar am 12. Dezember, wie von Premier Johnson gewünscht.
Leistete Labour-Chef Jeremy Corbyn am Montag noch erbitterten Widerstand, gingen ihm heute schlicht die Argumente aus. In der Folge machte er den Weg frei für die vorgezogenen Parlamentswahlen.
Johnson hat geliefert
Für Boris Johnson könnte es ein Weihnachtsgeschenk werden. Er startet in guter Verfassung in diese Neuwahl – das zeigen die Umfragen. Die Konservativen liegen rund 10 Prozentpunkte vor Labour. Dazu kommt, dass der Wahlkampf des Premierministers längst angefangen hat.
Seit Wochen erwähnt er bei jeder Gelegenheit, wie seine Partei das Land verbessern will; mehr Polizisten, Schulen, Spitäler. Milliarden von Pfund will die konservative Partei investieren. Neben dieser Propaganda hat er aus Brüssel einen neuen Deal nach Hause gebracht – ob der gut oder schlecht ist, muss sich noch zeigen – und kann sich als Macher präsentieren. Als Politiker, der geliefert hat und den demokratischen Willen des Volkes umgesetzt hat.
Dass er dabei völlig kompromisslos vorgegangen ist, dem Parlament zu Unrecht eine Zwangspause auferlegt hat und es mit der Wahrheit regelmässig nicht allzu genau nimmt, scheint ihm sein Publikum zu verzeihen.
Desolate Lage für Corbyn
Im Gegensatz zu den Konservativen befindet sich die Labour-Party in einem Umfrage-Tief. Auch in der persönlichen Bewertung liegt Jeremy Corbyn weit hinter Boris Johnson. Corbyn ist eine schwer vermittelbare Persönlichkeit, und seine Unentschlossenheit in Sachen Brexit machte viele seiner Anhänger ratlos.
Labour befindet sich in einer desolaten Lage und hat deshalb bis gestern mit allen Mitteln versucht, Neuwahlen zu vermeiden. «Truthähne stimmen nicht gerne für Weihnachten», spottete gestern die konservative Seite im Parlament. Wer in diesem Parlament tatsächlich Feder lassen muss, wird sich Mitte Dezember zeigen.