- Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah ist bei einem Angriff am Freitag in einem Vorort von Beirut getötet worden.
- Die Hisbollah hat den Tod ihres Anführers inzwischen bestätigt.
- Fraglich ist, inwieweit der Iran der Hisbollah zu Hilfe eilt. Auch im Libanon ist unklar, in welcher Form die militärisch, politisch und sozial sehr mächtige Organisation fortbestehen wird.
«Hassan Nasrallah wird nicht länger in der Lage sein, die Welt zu terrorisieren», teilte das israelische Militär mit.
Israels Militär griff nach eigener Darstellung das Hauptquartier der Hisbollah an, das sich demnach unter Wohngebäuden befunden haben soll.
Nach dem Angriff im Vorort Haret Hreik waren dichte Rauchwolken zu sehen und anschliessend Trümmerberge. Laut staatlichen Medien wurden mehrere Gebäude komplett zerstört. Dem Gesundheitsministerium zufolge wurden bei dem Angriff elf Menschen getötet und 108 verletzt.
Kann die Hisbollah die Verluste verkraften?
«Der Tod Nasrallahs ist ein harter Schlag für die Hisbollah», schätzt Thomas Gutersohn, Nahostkorrespondent von SRF. Denn die Kommandostrukturen der Miliz seien stark durch ihre langjährigen Kader geprägt. Anders als eine Armee hat die Hisbollah keine Militärakademien, in denen Wissen und Strategien weitergegeben werden können.
«Gerade die ranghohen Führungskräfte, welche schon seit über 40 Jahren bei der Hisbollah dabei sind, dürften für die Miliz schwer zu ersetzen sein», sagt Gutersohn.
Laut SRF-Korrespondentin Anita Bünter ist die Hisbollah weiterhin in der Lage, Israel mit Raketen zu beschiessen und verfügt noch immer über ein grosses Waffenarsenal. «Die Frage ist, wie koordiniert solche Angriffe künftig noch möglich sein werden. Denn Israel hat fast die gesamte Führungsebene der Hisbollah ausgeschaltet.»
Wie reagiert der Iran?
Mit Nasrallahs Tod könnte der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah, der in den Konfrontationen über fast ein Jahr gewissen Regeln zu folgen schien, weiter ausser Kontrolle geraten. Unklar ist, ob der Iran als wichtigster Unterstützer der Miliz zu Hilfe eilen würde.
Die neue iranische Regierung unter Präsident Massud Peseschkian kämpft mit einer schweren Wirtschaftskrise und strebt eine Wiederannäherung an den Westen an. Die ersten Reaktionen aus Teheran klingen für Korrespondentin Bünter nicht danach, dass sich der Iran weiter in den Konflikt einschalten will. «Klar ist, dass Israel derzeit die Oberhand hat.»
Wie könnte es weitergehen?
Mehrere Szenarien wären jetzt möglich:
- Die Hisbollah könnte den Kampf vorerst aufgeben, den Beschuss Israels beenden, einer Waffenruhe zustimmen und sich – wie es eine UNO-Resolution vorsieht – rund dreissig Kilometer von der Grenze entfernt zurückziehen. Israel hätte ein Kriegsziel erreicht, wenn mehr als 60'000 Menschen in ihre Häuser und Wohnungen im Norden des Landes zurückkehren können.
- Oder die Hisbollah weitet die Angriffe gegen Israel aus und greift mit modernsten Raketen israelische Städte und militärische Ziele an. Ein libanesischer General im Ruhestand ging vor einiger Zeit davon aus, dass die Hisbollah ihren Kurs unverändert fortsetzen wird. «Nasrallah hat sich immer wieder bedroht gefühlt.» Er habe bereits entschieden, «wer ihn im schlimmsten Fall ersetzen soll», sagte Hescham Dschaber.
- Iran übt Vergeltung für die Tötung von Nasrallah. Wie diese aussehen würde, ist offen. Israel und Iran standen sich bereits im April direkt gegenüber. Teheran vergalt damals einen Angriff auf sein Konsulat in Damaskus mit über 300 Raketen und Drohnen gegen Israel.