Seit drei Tagen kocht das Thema in diversen Zeitungen im gesamten deutschsprachigen Raum und in den sozialen Medien hoch: Ein Schreiben der Stadt Lörrach und der städtischen Wohnbaugesellschaft an die Bewohnerinnen und Bewohner eines Wohnkomplexes im deutschen Lörrach. Darin informieren die Behörden die Anwohnerinnen und Anwohner darüber, dass das Gebäude bis zum Abriss in wenigen Jahren als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden soll und sie deshalb ausziehen sollen.
Dass der Brief eine derartige Welle an Empörung, ja sogar Bedrohungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohnbaugesellschaft Lörrach und die lokalen Politikerinnen und Politiker verursachen würde, damit habe er nicht gerechnet, sagte Oberbürgermeister Jörg Lutz am Mittwoch an einer Pressekonferenz: «Wir bedauern ausserordentlich, dass der Brief so aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Wenn man die ganze Geschichte dazu kennt, muss man zugeben: Das hier ist kein Skandal.»
Schon lange geplant: Wohnkomplex wird in wenigen Jahren abgerissen
Schon in der Vergangenheit habe die Wohnbau Lörrach Mieterinnen und Mieter wegen der Unterbringung von Geflüchteten umquartiert. Seit 2014 seien mehr als 1200 Geflüchtete nach Lörrach gezogen und in diversen Unterkünften platziert worden. Doch der Platz in Lörrach sei knapp. Deshalb habe man sich entschieden, den alten Wohnkomplex bis zu seinem Abriss in wenigen Jahren als Asylunterkunft zu nutzen.
Der Abriss sei schon lange beschlossene Sache, sagte der Geschäftsführer von «Wohnbau Lörrach», Thomas Nostadt. «Das sind sehr einfache Gebäude aus der Nachkriegszeit am Ende ihres Zykluses», so Nostadt.
Wir werden jeder Mieterin und jedem Mieter ein Mietangebot unterbreiten.
Wegen der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland habe sich der Abriss nun etwas verzögert, bis zum Bau der neuen Gebäude sollen deshalb Geflüchtete im alten Wohnkomplex wohnen. Für die ehemaligen Mieterinnen und Mieter sei gesorgt, so Lutz: «Wir werden jeder Mieterin und jedem Mieter ein Mietangebot unterbreiten, in jenem Quartier, wo er oder sie gern hinmöchte.»
Lörracher Oberbürgermeister verurteilt den Shitstorm
Der Sachverhalt in Lörrach hat in den vergangenen Tagen weite Kreise gezogen. Abgeordnete der AfD in Baden-Württemberg haben bereits angekündigt, die Lörracher Wohnbaugesellschaft anzuzeigen: wegen Nötigung der Mieterinnen und Mieter. Auch die Bundessprecherin der AfD, Alice Weidel, hatte sich in den vergangenen Tagen geäussert und Oberbürgermeister Lutz dazu aufgefordert, sich der Asylpolitik des Bundes zu verweigern.
Was unsere Mitarbeitenden im Moment erleben, vor allem in sozialen Medien, ist kaum auszuhalten.
Die grosse Aufmerksamkeit, auch die mediale, die der Fall in den vergangenen Tagen erregt hat, habe Lutz überrascht, betonte er mehrfach an der Pressekonferenz. Die darauffolgenden Bedrohungen und Beschimpfungen verurteilt er, sowie auch Thomas Nostadt, der Geschäftsführer von «Wohnbau Lörrach»: «Was unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Moment erleben, vor allem in sozialen Medien, ist kaum auszuhalten.» Was in Lörrach aktuell passiere, stehe stellvertretend für die Debatte über Zuwanderung in Deutschland.