Emmanuel Macron will islamistischen Tendenzen in seinem Land entgegentreten. «Wir müssen den islamistischen Separatismus bekämpfen», sagte Frankreichs Präsident bei einem Besuch in dem verarmten Pariser Vorort Les Mureaux. «Das Problem ist eine Ideologie, die behauptet, ihre eigenen Gesetze sollten denen der Republik überlegen sein.»
Macrons Regierung ist zunehmend besorgt über Anzeichen einer – oft gewaltlosen – Radikalisierung innerhalb der muslimischen Gemeinden. Regierungsvertreter verweisen auf die Weigerung einiger muslimischer Männer, Frauen die Hand zu schütteln und auf Schwimmbäder, die Männern und Frauen abwechselnde Zeitfenster vorschreiben. Auch die Ausbreitung religiöser «Madrassa»-Schulen wird kritisch gesehen.
Die Reaktionen auf die Pläne des Präsidenten sind unterschiedlich. «Wer mit Macron sympathisiert, findet seine Strategie grundsätzlich richtig», berichtet SRF-Korrespondent Daniel Voll aus Paris.
Kritik und positive Signale
Von der Opposition gab es Gegenwind. «Auch, weil der Präsident überraschend klar vom radikalen Islam und nicht von Separatismus gesprochen hat, wie ursprünglich erwartet wurde», sagt Voll. Damit würden Muslime generell stigmatisiert, kritisiert die Linke. Die politische Rechte hält Macrons Massnahmenpaket dagegen für viel zu zahm.
Viele gemässigte Muslime sagen, dass sie unter dem Ruf des radikalen Islams leiden.
Bei den Muslimen selbst seien die Reaktionen weitgehend positiv, so der Frankreich-Korrespondent. «Viele gemässigte Muslime sagen, dass sie unter dem Ruf des radikalen Islams leiden. Sie sehen sich also als Opfer ihrer radikalen Glaubensbrüder.»
Frankreich folgt einer strengen Form des Säkularismus, bekannt als Laizismus. Er zielt darauf ab, Religion und öffentliches Leben strikt voneinander zu trennen. Das Prinzip wurde 1905 nach einem heftigen Streit mit der katholischen Kirche gesetzlich verankert.
Diese Gesetzgebung gilt auch für den Islam. Es gibt in Frankreich zum Beispiel nicht mal Statistiken über den Anteil der Muslime in der Gesellschaft, um Muslime und Christen als Franzosen nicht voneinander zu trennen.
Heikle Rolle des Staates
Nun verfolgt Macron nach eigener Aussage das Ziel eines «aufgeklärten Islams in Frankreich, der mit den Werten der Republik vereinbar ist.» Sind solche Ideen überhaupt mit der strikten Trennung von Staat und Religion vereinbar? «Es ist eine Gratwanderung. Und das ist dem Präsidenten wohl auch bewusst», sagt Voll.
So war der französische Präsident bei seiner Rede bemüht, die Neutralität des Staates in Religionsfragen zu betonen: Das Schulobligatorium etwa soll nicht nur für Kinder von Muslimen gelten, sondern ist allgemein formuliert. Heimunterricht soll nur noch für Kinder möglich sein, die aus gesundheitlichen Gründen keine ordentliche Schule besuchen können.
Auch in die konkrete Ausgestaltung von Richtlinien für die Imam-Ausbildung will sich die Regierung nicht einmischen. Diese soll Aufgabe des Rats der französischen Muslime sein – und einer neuen Institution, die als Vertretung der muslimischen Gemeinschaft Frankreichs entstehen soll.