- Nach regierungskritischen Massenprotesten in Chile hat Präsident Sebastián Piñera alle Minister seiner Regierung um ihren Rücktritt gebeten.
- Laut eigenen Angaben will Piñera ein neues Kabinett aufstellen, «um diesen neuen Forderungen zu begegnen und sich der neuen Zeiten anzunehmen.»
- In den letzten Tagen waren die Proteste für tief greifende Sozialreformen stetig angewachsen. Am Freitag waren Hunderttausende in der Hauptstadt Santiago auf die Strasse gegangen.
Präsident Piñera erklärte zudem seine Absicht, in der Nacht zum Montag den Ausnahmezustand im ganzen Land aufzuheben, «wenn die Umstände es erlauben». Das verkündete er bei einer Ansprache im Präsidentenpalast in Santiago.
Derweil wurde die Ausgangssperre in Santiago nach einer Woche aufgehoben. Die Armee teilte mit, dass dies «die aktuelle Lage erlaubt». Die nächtliche Ausgangssperre war am 19. Oktober nach schweren sozialen Unruhen verhängt worden.
Am Freitag waren in der Hauptstadt und anderen Städten mehr als eine Million Menschen aus Protest auf die Strasse gegangen. Bei gewalttätigen Zusammenstössen kamen mindestens 19 Menschen ums Leben.
Teurere U-Bahn-Billette als Auslöser
Die Protestwelle hatte sich vor gut einer Woche an der Erhöhung der Preise für U-Bahn-Fahrkarten in Santiago um umgerechnet vier Euro-Cent entzündet. Sie weitete sich rasch auf das ganze Land aus – mit Forderungen, die weit über die ursprünglich beanstandeten Fahrpreise hinausgingen. Dabei entlud sich aufgestauter Ärger, unter anderem wegen niedriger Löhne und Renten, hoher Preise, hoher Studiengebühren und wegen extremer Unterschiede zwischen Arm und Reich.
In den ersten Tagen arteten die Demonstrationen in Brandanschläge und Plünderungen aus. Ab Mittwoch wurden die Versammlungen zu massiven Protestkundgebungen. Diese nahmen auch nicht ab, als Piñera erst die Erhöhung der Preise für U-Bahn-Tickets rückgängig machte und ein paar Tage später ein Massnahmenpaket ankündigte, das auf einige der Forderungen der Demonstranten einging.