- Ungeachtet massiver internationaler Kritik hat Chinas Volkskongress die Pläne für ein umstrittenes Sicherheitsgesetz in Hongkong gebilligt.
- Zum Abschluss ihrer Jahrestagung beauftragten die Abgeordneten den Ständigen Ausschuss des Parlaments, das Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Chinas Sonderverwaltungsregion zu erlassen.
- Das Gesetz umgeht Hongkongs Parlament und richtet sich gegen Aktivitäten, die als subversiv oder separatistisch angesehen werden.
Das Vorhaben wäre der bisher weitgehendste Eingriff in die Autonomie der früheren britischen Kronkolonie, wo es über Monate starke China-kritische Demonstrationen gab. Hongkong wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» als eigenständiges Territorium regiert.
USA erwägen Sanktionen
Die Pläne stossen international auf starke Kritik. Die deutsche Bundesregierung hat sich sehr besorgt geäussert, die USA erwägen sogar Sanktionen. So hält die US-Regierung den vorteilhaften Sonderstatus für Hongkong wegen der zunehmenden Einmischung Chinas in der eigentlich autonomen Metropole nicht mehr für gerechtfertigt, wie US-Aussenminister Mike Pompeo erklärte.
Für Hongkongs Firmen und Bürger steht dabei viel auf dem Spiel – von höheren Zöllen bis zur Visa-Vergabe für Reisen in die USA. Auch der für China wichtige Finanzstandort könnte in Gefahr geraten. Details sind noch unklar.
Das Gesetz wendet sich auch gegen ausländische Einmischung. Zur Durchsetzung sollen «wenn nötig» sogar chinesische Sicherheitsorgane in Hongkong eingesetzt werden. Die pro-demokratischen Kräfte fürchten, dass sie zum Ziel des Gesetzes werden.
Die asiatische Wirtschaftsmetropole erlebt seit vergangenen Sommer Woche für Woche Demonstrationen gegen die von Peking eingesetzte Regierung, Polizeibrutalität bei den Protesten und den wachsenden Einfluss der kommunistischen Führung.
Sorge um Meinungs- und Pressefreiheit
Das geplante Gesetz «wird der chinesischen Regierung weit grössere Zugriffsmöglichkeiten auf Menschen und Organisationen in Hongkong erlauben», sagte Katja Drinhausen vom China-Institut Merics in Berlin. Es gebe die «berechtigte Angst», dass Meinungs- und Pressefreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Zivilgesellschaft, aber auch internationaler Austausch massiv eingeschränkt werden.
Die rund 2900 Abgeordneten in der Grossen Halle des Volkes billigten auch den Haushalt mit einer starken Steigerung des Militäretats um 6.6 Prozent. Um die Wirtschaft in der Coronakrise anzukurbeln, plant die Regierung bei fallenden Einnahmen höhere Staatsausgaben, neue Anleihen sowie eine Senkung von Steuern und Abgaben. Dafür soll das Haushaltsdefizit über die kritische Marke von drei Prozent auf mehr als 3.6 Prozent steigen. Das nicht frei gewählte chinesische Parlament hat in seiner Geschichte noch nie eine Vorlage abgelehnt.