Schon wieder ein Militärputsch in Afrika: Am Donnerstagmorgen hat in Gabun die Armee die Macht an sich gerissen. Die Putschisten haben Langzeitpräsident Ali Bongo Ondimba unter Hausarrest gestellt. SRF-Korrespondentin Anna Lemmenmeier erklärt, was in dem zentralafrikanischen Küstenstaat passiert ist – und warum es in den letzten Jahren so viele Putsche in Afrika gab.
Kam der Putsch in Gabun überraschend?
Es gab Spannungen nach den Präsidentschaftswahlen vom Wochenende. Das Internet wurde gekappt, es gab eine Ausgangssperre und internationale Medien wurden suspendiert. Politische Unruhen waren vorstellbar, doch der Putsch kam unerwartet. Besonders, weil es zuvor in Gabun noch nie einen erfolgreichen Coup gegeben hatte – dies im Gegensatz zu all den anderen afrikanischen Ländern, in denen es in den letzten drei Jahren Putsche gab.
Welche Ziele verfolgen die Anführer des Putsches?
Die Männer, die sich unter dem Namen «Comité pour la transition et la restauration des institutions» zusammengetan haben, bestehen aus Vertretern des gesamten Sicherheitsapparates in Gabun: Militär, Polizei und der Präsidentengarde – also der Elitetruppe, deren Aufgabe eigentlich der Schutz des Präsidenten wäre. Wer sich als Anführer des Komitees hervortun wird, ist noch unklar. Ihre politischen Ziele haben sie aber klar formuliert: Das aktuelle Regime soll abgesetzt werden.
Welche Rolle spielt die ehemalige Kolonialmacht Frankreich?
Sieben der acht Putsche, die in den letzten drei Jahren Afrika erschüttert haben, haben sich in ehemaligen französischen Kolonien abgespielt. In Gabun hatten diese Verflechtungen aber nur bedingt Auswirkungen. Ausschlaggebend für diesen Putsch war die Präsidentschaftswahl vom Wochenende, bei der das Regime alle Schrauben angezogen hat, damit sich die Opposition nicht entfalten kann.
Diese politische Repression hat das Fass zum Überlaufen gebracht: Nach mehr als einem halben Jahrhundert Bongo-Dynastie geht es den meisten Menschen nicht besser. Obwohl Gabun sehr ölreich ist und eine kleine Bevölkerung hat, wodurch es eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen Afrikas aufweist. Doch der Reichtum ist nicht gleichmässig verteilt. Letztlich hat es Ali Bongo selbst «verbockt» – weil er sich schlicht zu wenig um die Bevölkerung gekümmert hat.
Gibt es Gemeinsamkeiten bei den jüngsten Putschen?
Überall gab es ein sehr starkes Gefühl in der Bevölkerung, dass die Regierungen nicht liefern, was sie versprechen. Sie kümmerten sich oft nicht um Bildung, Gesundheit und Arbeitsplätze oder – gerade auch in der Sahel-Zone – nicht um die Sicherheit der Menschen. Diese Staaten sind in den letzten Jahren durch Terrorismus und Kriminalität regelrecht kollabiert, viele Menschen haben ihr Leben verloren.
Oft wurden repressive Regimes gestürzt, die nicht frei und fair gewählt wurden und sich an die Macht klammerten. Ein Militärputsch erscheint dann als einzige Möglichkeit für einen Neuanfang. Für die Menschen fühlt sich irgendwann jeder Wandel als Befreiung an – auch wenn sie wissen, dass die Probleme mit einem Putsch nicht gelöst sind.