- Eine Woche nach einem Misstrauensvotum im Parlament hat der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven seinen Rücktritt eingereicht.
- Das gab der 63 Jahre alte Chef der Sozialdemokraten am Montag in Stockholm bekannt.
- Löfven hatte nach dem Misstrauensvotum eine Woche Zeit, um sich zwischen den Optionen Rücktritt und Neuwahl zu entscheiden.
An einer Pressekonferenz sagte der Chef der Sozialdemokraten, angesichts der Pandemie sei eine Neuwahl nicht das Beste für Schweden, da nur noch ein Jahr bis zur Parlamentswahl verbleibe.
Neue Chance möglich
Parlamentspräsident Andreas Norlén wird nun die Suche nach einem Kandidaten einleiten, der den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erhalten soll. Er wird dazu in den nächsten Tagen mit allen Fraktionen Gespräche über ihre Erfolgschancen führen. Stefan Löfven könnte also die Möglichkeit für einen neuen Anlauf bekommen. «Ich stehe zur Verfügung, um eine Regierung zu führen, die der Reichstag tolerieren kann», sagte Löfven. Mit welchen Parteien er eine Koalition bilden will, liess er offen. Auch der Chef der Moderaten, Ulf Kristersson, arbeitet daran, eine Mehrheit für ein bürgerliches Bündnis zu sammeln.
Eine Mehrheit des Reichstags in Stockholm hatte Löfven am vergangenen Montag das Misstrauen ausgesprochen und ihn somit mitsamt seiner Regierung gestürzt. Es war das erste Mal, dass ein Ministerpräsident in Schweden per Misstrauensvotum zu Fall gebracht wurde. Beantragt worden war die Abstimmung von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten. Mit ihnen, den Moderaten und den Christdemokraten hatte sich auch die Linkspartei gegen den Regierungschef gestellt. Grund für das Vorgehen der Linken war ein Streit über einen Vorschlag zur Liberalisierung des Mietmarktes für Neubauten.
Die nächste reguläre Parlamentswahl in Schweden ist für September 2022 vorgesehen. Sie wird unabhängig davon stattfinden, ob in der Zwischenzeit eine Neuwahl abgehalten wird oder nicht.
Schwierigere Regierungsbildung
Dass sich Löfven nun für den Rücktritt entschieden hat, könnte ein Signal für seine Zuversicht auf ein schnelles Comeback sein. Schafft er es, neben den Stimmen von Sozialdemokraten und Grünen auch die Linke und das Zentrum hinter sich zu vereinen, hätte er 175 Stimmen zusammen – exakt so viele, wie im 349 Sitze grossen Stockholmer Reichstag für eine Mehrheit notwendig sind.
Lange Zeit hatte es in der schwedischen Politik zwei etwa gleichstarke Lager gegeben: ein linksgerichtetes unter Führung der Sozialdemokraten und ein bürgerliches unter Führung der Moderaten. Seitdem die rechtspopulistischen Schwedendemokraten aber an Stärke gewonnen haben, ist die Regierungsbildung deutlich schwieriger geworden. Die zähen Verhandlungen vor zweieinhalb Jahren waren eine Folge davon. Die Zusammenarbeit wurde letztlich über die traditionellen Blockgrenzen hinweg vereinbart – und endete nun recht schnell.