Hunderte Menschen kamen beim jüngsten Tsunami in Indonesien ums Leben, viele werden noch vermisst. Experten warnen: Der Vulkan Anak Krakatau, der den Tsunami ausgelöst hat, ist weiter aktiv. Die Neuseeländerin Rosemarie North von der internationalen Föderation der Rotkreuz und Rothalbmondgesellschaften war bis am Donnerstag im Katastrophengebiet Banten im Westen der Insel Java. Sie berichtet von Menschen, die alles verloren haben und in Angst vor der nächsten Katastrophe leben.
SRF News: Wie haben sie die Tage nach dem Tsunami erlebt?
Rosemarie North: Die Küste ist wunderschön, oder sie war wunderschön. Touristen gehen gern dorthin an den Strand, es gibt Restaurants, Strandhütten. Am letzten Samstag waren viele Menschen dort, aber jetzt ist alles leer. Gewisse Orte sind noch intakt, andere komplett zerstört.
Die Chance, noch Überlebende zu finden, ist mittlerweile klein. Wir hoffen trotzdem weiter.
So liegen zum Beispiel Container von Frachtschiffen, zerstörte Autos oder kaputte Häuser inmitten von Feldern oder auf Bäumen. Das Rote Kreuz und andere Organisationen suchen noch immer nach Überlebenden. Aber die Chance, jemanden zu finden, ist mittlerweile klein. Wir hoffen trotzdem weiter.
Der Regen erschwert die Rettungs- und Hilfsarbeiten massiv. Wie können sie den Menschen konkret helfen?
Der Regen hat mittlerweile zum Glück aufgehört. Da und dort sind Überschwemmungen zurückgegangen. Das indonesische Rote Kreuz konnte an abgelegene Orte fahren und Medikamente, Wasser, Decken und Plastikabdeckungen verteilen. Wenn Menschen alles verlieren, sind Wasser und ein Dach über dem Kopf das Wichtigste.
Indonesien hat nach einem verheerenden Tsunami vor mehr als zehn Jahren ein teures Frühwarnsystem aufgebaut – unter anderem werden Leute trainiert. Was muss man sich darunter vorstellen?
Es wird viel gemacht für die Katastrophenprävention. Vor zwei Monaten wurden in der Provinz Banten, die von diesem Tsunami schwer betroffen ist, Menschen ausgebildet, die Anzeichen eines Tsunamis zu lesen. Zum Beispiel ein Erdbeben oder dass sich das Meer stark zurückzieht. Touristen und Einheimische haben gelernt, dass sie dann so schnell wie möglich an höhere gelegene Orte gelangen müssen.
Mehr als 400 Menschen sind ums Leben gekommen. Hat das Frühwarnsystem nicht funktioniert?
Das ist noch nicht genau angeschaut worden. Es wird jetzt getan, wie bei jeder Katastrophe wie dieser. Ich bin sicher, dass daraus dann auch Lehren gezogen werden.
Die Menschen fragen sich, wie sie längerfristig mit solch einer Situation umgehen sollen.
Der Vulkan kommt nicht zur Ruhe, die Behörden warnen vor einem neuen Tsunami. Wie gehen die Leute damit um?
Die Menschen sind sehr nervös. Sie haben Angst. Die, die ich getroffen habe, arbeiten nicht mehr, einige von ihnen haben in Hotels, Läden oder Restaurants am Strand gearbeitet. Auch wenn einzelne Gebäude noch stehen, arbeitet dort niemand mehr. Die Menschen fragen sich, wie sie längerfristig mit solch einer Situation umgehen sollen.
Das Gespräch führte Afra Gallati.