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Nach Zollschock aus den USA Droht eine Finanzkrise?

Der Zollstreit bringt die Aktienmärkte in Turbulenzen. Der Ökonom Klaus Wellershoff schätzt ein, ob nun eine Finanzkrise droht.

Klaus Wellershoff

Ökonom und Wirtschaftsberater

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Klaus Wellershoff (geb. 1964 in Wilhemshaven/D) ist ehemaliger Chefökonom der UBS und heute als Wirtschaftsberater in Zürich tätig. Zudem ist er Honorarprofessor für angewandte Volkswirtschaft an der Universität St. Gallen.

SRF News: Der Montag war turbulent, aber das war es auch schon letzte Woche. Warum haben auch am Montag die Märkte nachgegeben?

Klaus Wellershoff: Heute war sicherlich noch mal die Sorge im Mittelpunkt, wie die Länder, gegen die in der letzten Woche die Zölle verhängt worden sind, reagieren würden. Am Wochenende haben wir gesehen, was die Chinesen machen: Sie haben den Amerikanern Zölle von 34 Prozent aufgebrummt – gleich viel, wie ihnen die Amerikaner. Im Laufe des Tages kam die Botschaft hinzu, dass sie deswegen wieder Zölle bekommen. Europa hat noch nicht geantwortet, also es steht noch viel aus. Diese Nervosität wird uns noch eine Zeit begleiten.

Jamie Dimon, Chef von JPMorgan, und der wahrscheinlich einflussreichste Banker der Welt, bezifferte die Wahrscheinlichkeit für eine weltweite Rezession auf mittlerweile 60 Prozent. Teilen Sie diese Furcht?

Die Sorge um die Weltwirtschaft muss man haben. Bevor das mit den Zöllen angefangen hat, war Amerika angezählt. Die vorlaufenden Indikatoren haben darauf hingedeutet, dass das Wachstum in Amerika zurückkommt. Das in einem Zeitpunkt, in dem China und Deutschland in der Rezession sind. Europa schwächelt. Wenn dann Amerika noch langsamer läuft, kann viel kaputtgehen. Die Nachrichten zu den Zöllen sind sicherlich nichts Gutes für das Wachstum. Deswegen reden jetzt alle Leute von Rezession. Ich glaube, man hat heute noch nicht die Daten, um das wirklich sagen zu können. Aber es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Rezession kommt.

Weniger Investitionen bedeuten auch für uns tieferes Wachstum.

Diese Zölle betreffen auch, was an den Börsen passiert. Zum Beispiel über die Pensionskassen sind auch wir investiert. Wie gross ist der Flurschaden hierzulande, den US-Präsident Donald Trump derzeit anrichtet?

Der ist sicherlich gross über die Vermögenswerte, die jetzt vernichtet worden sind, weil die eben in unseren Pensionskassen, in unseren Lebensversicherungen und überall drinstecken. Der Schaden ist aber auch gross, weil die Verunsicherung dazu führt, dass Menschen vielleicht vorsichtiger sind im Konsum. Auch Unternehmer werden vorsichtiger, zu investieren. Weniger Investitionen bedeuten eben auch für uns tieferes Wachstum.

Es sei ihm nicht recht, was mit den Märkten passiere, sagt Trump. Aber «manchmal muss man Medikamente nehmen, um etwas in Ordnung zu bringen». Also wenn wir in dieser Analogie bleiben, ist das, was wir erleben, vielleicht nur ein kleiner Schnupfen und wird besser?

Die Zölle sind vollkommen ungeeignet, auch nur die Ziele, die Trump sich selbst gesetzt hat, zu erreichen. Sie werden für mehr Inflation sorgen, vielleicht sogar höhere Zinsen und auf jeden Fall tieferes Wachstum. Das ist kein Medikament, das den Patienten Amerika gesunden lässt. Es macht ihn krank.

Die Rezepte, die in der Firma funktionieren, funktionieren nicht notwendigerweise in der gesamten Nation.

Sehen Sie mit ein bisschen mehr Abstand so etwas wie einen Sinn hinter diesen Massnahmen?

Nein. Ich glaube, das, was da passiert, ist die Reflexion irgendeiner Geschichte, die ihm mal erzählt worden ist. Eine Analogie. Das machen übrigens viele auch vom betriebswirtschaftlichen Kontext auf den volkswirtschaftlichen und das funktioniert nicht. Die Rezepte, die in der Firma funktionieren, funktionieren nicht notwendigerweise in der gesamten Nation. Im Gegenteil: Sie können sehr, sehr schädlich sein.

Das Gespräch führte Urs Gredig.

10 vor 10, 7.4.2025, 21:50 Uhr ; 

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