SRF News: Kommt der Sieg der konservativen Tories bei diesen Nachwahlen überraschend?
Martin Alioth: Nein, nur die Deutlichkeit ist überraschend. Ein Sieg als solcher hatte sich in den letzten zwei, drei Wochen abgezeichnet. Labour hatte drei unüberwindbare Nachteile. Zum einen den nostalgisch linken Kurs der Parteiführung, dann die Ratlosigkeit der Partei zum Brexit, und das in einem Wahlkreis, der deutlich dafür gestimmt hatte. Zudem hat die Führung eine sehr antinukleare Haltung. Dabei hat der Bezirk tausende Arbeitsstellen in einer Wiederaufbereitungsanlage.
Nuttall war ein lausiger Kandidat.
Die Konservativen gewinnen also einen Sitz im Nordwesten Englands. Ebenfalls einen Sitz zu vergeben gab es in einem Wahlkreis in Mittelengland. Der Sitz bleibt in Labour-Hand. Darf sich die Partei also auch als Sieger fühlen?
Nein, nicht ernsthaft. Labour verlor auch in Stoke-on-Trent Wähleranteile. Ein grosser Konkurrent ist hier die UKIP. UKIP-Chef Paul Nuttall kandidierte gleich selbst und machte sich auch grosse Hoffnungen. In Stoke-on-Trent hatten fast 70 Prozent der Bürger für einen Brexit gestimmt. Doch Nuttall war ein lausiger Kandidat. Er stolperte über Widersprüche und Unwahrheiten in seinem eigenen Lebenslauf. Labour gewann hier aufgrund der Inkompetenz von UKIP und nicht aufgrund der eigenen Popularität.
Die grosse Verliererin heisst UKIP, jene Partei, die letztes Jahr erfolgreich für den Brexit gekämpft hatte. Was bedeutet diese Wahlniederlage für UKIP?
Es stellt sich erneut die Frage nach der Existenzberechtigung der Partei. Wenn UKIP gegen ein schwaches Labour nicht gewinnen kann. Die Entscheidung von Premierministerin May, einen harten Brexit-Kurs zu fahren, macht UKIP derzeit obsolet.