Vor über 40 Jahren hat die USA die diplomatischen Beziehungen zu Iran abgebrochen, nachdem iranische Studenten rund 50 US-Diplomaten über ein Jahr lang als Geiseln gehalten hatten.
Seither ist die Schweiz als Schutzmacht ein Bindeglied und spielt auch in diesen Tagen eine wichtige Rolle: Nach dem iranischen Angriff auf Israel sind die USA mit Iran in Kontakt gestanden. Die Schweiz hat die geheimen Nachrichten der Biden-Regierung nach Teheran übermittelt, dies bestätigen anonyme US-Beamte.
Früher war das die Aufgabe von Tim Guldimann. Er war bis 2004 Schweizer Botschafter in Iran – und weiss, wie solche geheimen Botschaften überbracht werden.
SRF News: Welche Rolle hat die Schweiz im Austausch zwischen den USA und Iran?
Tim Guldimann: Die Aufgabe besteht darin, zwischen Staaten, die keine diplomatischen Beziehungen mehr haben, in diesem Fall Iran und die USA, einen Kanal offenzuhalten. Das heisst, dass beide Regierungen durch diesen Kanal der Interessensvertretungen gegenseitig Mitteilungen übermitteln können.
Das ist an sich keine Vermittlung. Das ist ein Teil der guten Dienste.
Wie viel Vermittlung findet da seitens der Schweiz statt?
Wir müssen unterscheiden zwischen der Vertretung der Interessen zwischen zwei Staaten, die keine diplomatischen Beziehungen mehr haben. Das ist ein Teil der guten Dienste. Das ist an sich keine Vermittlung. Weil, es geht nicht um eine aktive Rolle zur Herstellung einer Verständigung zwischen beiden Seiten, sondern um lediglich quasi eine Briefträgerfunktion, nämlich das Übermitteln von Informationen.
Wie sähe eine aktive Rolle aus?
Es ist natürlich so, dass es in gewissen Situationen auch dazu gekommen ist – ausgehend von dieser Interessenvertretungsfunktion –, noch aktiv einen Beitrag zur Verständigung zu leisten. Beispielsweise vor ein paar Jahren, als es darum ging, Staatsbürger, die auf beiden Seiten verhaftet waren, auszutauschen. Hier hat die Rolle der Interessensvertretung einen etwas aktiveren Charakter annehmen können.
Die aktuelle Lage im Nahen Osten ist wieder sehr brenzlig. In der ganzen Welt werden nun Israel und Iran zur Zurückhaltung aufgerufen. Wie wichtig ist in dieser Situation dieser Draht zwischen Teheran und Washington als wichtigster Verbündeter Israels?
Die Wichtigkeit besteht einfach darin, dass der Verbindungsdraht zur Verfügung steht und je nach Bedarf verwendet werden kann. Wie wir aus den Medien gehört haben, wurde er auch in den letzten Tagen dafür verwendet. Das ist ein wichtiger Beitrag für die Kommunikation.
In der Schweiz bildet man sich oft ein, dass man den Frieden über eine Vermittlung herstellen kann.
Was kann die Schweiz in dieser Situation überhaupt bewirken?
Wir müssen unterscheiden zwischen der Funktion, die Kommunikation zu ermöglichen, und einer Funktion, die man sich oft in der Schweiz einbildet, dass man den Frieden über eine Vermittlung herstellen kann. Hier besteht in der schweizerischen Diskussion immer die Vorstellung, die Schweiz, die neutrale Schweiz, könne in allen Konflikten vermitteln. Hier besteht eine Überschätzung der Möglichkeiten. Eine Vermittlung ist ja lediglich eine Beihilfe zur Verständigung. Und die hängt natürlich davon ab, inwiefern tatsächlich der politische Wille auf beiden Seiten da ist, sich näherzukommen und zu verständigen. Da kann man unterstützen, wenn dieses Interesse besteht. Aber wenn es nicht besteht, kann man auch nicht viel ausrichten.
Das Gespräch führte Rachel Beroggi.