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Verhandlungen in Nahost Katar bestätigt Abkommen über Waffenruhe im Gazastreifen

  • Zwischen Israel und der Hamas ist eine Feuerpause im Gazastreifen vereinbart worden.
  • Auch die israelischen Geiseln im Gazastreifen sollen freigelassen werden, bestätigte der Ministerpräsident von Katar, Mohammed bin Abdulrahman al-Thani.
  • Die vereinbarte Waffenruhe soll ab Sonntag, 19. Januar gelten.

Nach mehr als 15-monatigen heftigen Kämpfen haben sich Israel und die Hamas auf eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln und palästinensischen Häftlingen geeinigt. Das teilte Katars Ministerpräsident Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani in Doha mit. Die Waffenruhe soll am Sonntag in Kraft treten.

Nachdem die Einigung bekannt geworden ist, sind im Gazastreifen Zehntausende jubelnde Menschen auf die Strassen geströmt seien. In sozialen Medien verbreitete Aufnahmen zeigen singende und tanzende Menschen.

Für die USA seien sowohl die Regierung des scheidenden Präsidenten Joe Biden als auch die seines Nachfolgers Donald Trump stark involviert gewesen, sagte der Sprecher des katarischen Aussenministeriums, Madschid al-Ansari, vor dem Bekanntwerden der Waffenruhe.

Präsident Biden betonte, dass die Einigung auch auf beharrliche US-Diplomatie zurückzuführen sei. Das Abkommen gehe auf einen Plan zurück, den er bereits im Mai vorgestellt hatte.

Ein Hamaskämpfer mit Waffe steht im Lichte einer Strassenlaterne auf der Strasse.
Legende: Ein bewaffneter Palästinenser in Chan Yunis im Gazastreifen, nachdem die Meldung über eine Feuerpause zwischen der Hamas und Israel um die Welt gegangen ist. Keystone / EPA, HAITHAM IMAD

Der Vizechef der islamistischen Hamas hat das Abkommen über eine Waffenruhe mit Israel im Gazastreifen als Triumph über Israel dargestellt. Es handle sich um einen «historischen Moment», sagte der stellvertretende Chef des Hamas-Politbüros, Chalil al-Haja. «Unser Volk hat die Ziele der Besatzung vereitelt. Wir beweisen heute, dass die Besatzung unser Volk und seinen Widerstand niemals besiegen wird», sagte Al-Haja.

Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog hat die Regierung Netanjahu aufgerufen, die Vereinbarung zu billigen.

Etappierte Geiselbefreiung

Laut der Vereinbarung soll nach Angaben von Insidern die Hamas zunächst 33 israelische Geiseln freilassen, darunter alle Frauen, Kinder und Männer über 50. Die Hamas werde zuerst weibliche Geiseln und Soldatinnen sowie Minderjährige freilassen, danach Männer über 50 Jahre.

Joe Biden: Drei Phasen der Gaza-Vereinbarung

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Der scheidende US-Präsident Joe Biden hat die Inhalte des ausgehandelten Abkommens in einem Drei-Stufen-Plan vorgestellt:

Die erste Phase soll sechs Wochen dauern und beinhaltet eine vollständige Waffenruhe und einen Rückzug der israelischen Streitkräfte aus allen dicht besiedelten Gebieten des Gazastreifens. Palästinenser sollen demnach in alle Teile des Gazastreifens zurückkehren können. Zudem soll eine Gruppe von Geiseln freigelassen werden – darunter Frauen, Ältere und Verletzte. Im Gegenzug sollten Hunderte Palästinenser freikommen, die in Israel inhaftiert seien. Dann solle auch sofort in grossem Stil humanitäre Hilfe geleistet werden. 

Die zweite Phase habe das Ziel eines dauerhaften Endes der Kämpfe. Dann sollen alle restlichen Geiseln freigelassen werden, darunter auch Soldaten und die Armee solle sich komplett aus dem Gazastreifen zurückziehen. 

In der dritten Phase sollen die sterblichen Überreste getöteter israelischer Geiseln an ihre Familien zurückgegeben werden. Ausserdem soll dann der Wiederaufbau im Gazastreifen beginnen. Biden hatte dafür drei bis fünf Jahren in Aussicht gestellt.

Im Gegenzug werde Israel für jede zivile Geisel 30 palästinensische Gefangene aus der Haft entlassen. Für jede israelische Soldatin, die in der Gewalt der Hamas sei, würden 50 palästinensische Gefangene freikommen. Insgesamt halten die Hamas noch rund 100 Geiseln im Gazastreifen fest.

Ein mit den Verhandlungen vertrauter Insider sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass zudem eine sechswöchige Waffenruhe vorgesehen sei. Das israelische Militär würde sich dann schrittweise aus dem Gazastreifen zurückziehen.

Israels Präsident Izchak Herzog traf inzwischen die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric, um Vorbereitungen für die Umsetzung des Abkommens mit der Hamas zu treffen. Das IKRK hatte bei einem ersten Abkommen im Herbst 2023 die Geiseln in Empfang genommen und an die israelische Armee übergeben.

«Auf grossen Druck von Trump zurückzuführen»

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Trechsel in Nahaufnahme
Legende: Anna Trechsel beobachtet für die Auslandredaktion die Geschehnisse in Israel und Palästina. SRF/Gian Vaitl

Kurzeinschätzung von Auslandredaktorin Anna Trechsel:

Das Abkommen entspricht in etwa jenem Vorschlag für eine Waffenruhe, der bereits im Mai vorlag. Dass sich Israel und die Hamas jedoch erst heute einig wurden, ist auf den grossen Druck zurückzuführen, den der künftige US-Präsident Donald Trump ausgeübt hat. Über Gaza werde «die Hölle losbrechen», wenn die Geiseln der Hamas nicht vor seinem Amtsantritt als US-Präsident am kommenden Montag freigelassen würden. Dieser Druck hat nun offenbar Wirkung gezeigt.

Beide Seiten haben Zugeständnisse gemacht: Israel verzichtet auf das Kriegsziel, das von Beginn an als völlig unrealistisch galt, nämlich die vollständige Ausmerzung der islamistischen Hamas in Gaza. Diese wiederum hatte stets gefordert, sie werde nur Geiseln freilassen, wenn der Krieg gestoppt werde. Das ist nun nicht der Fall – es gibt zunächst nur eine vorläufige Waffenruhe.

Auch Donald Trump meldet Vereinbarung

In einer Mitteilung sprach der designierte US-Präsident Donald Trump auf der Plattform Truth Social von einem «epischen Abkommen über eine Waffenruhe». Sein nationales Sicherheitsteam werde eng mit Israel und den US-Verbündeten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Gazastreifen niemals wieder zu einem Hafen für Terroristen werde. Er machte auch deutlich, dass er den angeblichen Durchbruch als seinen Verdienst und als Resultat seines Wahlsieges ansieht.

Glückskette sammelt für Zivilbevölkerung im Nahen Osten

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Familien mit Habseligkeiten auf einem LKW
Legende: Im Süden Libanons sind Tausende Menschen auf der Flucht Keystone / WAEL HAMZEH

Wegen der Eskalation des Nahostkonflikts in Libanon und der sich täglich verschlechternden Lage der Zivilbevölkerung in Gaza verstärkt die Glückskette ihre Hilfe für die Betroffenen der humanitären Krise im Nahen Osten und ruft erneut dringend zu Spenden auf. 

Die Glückskette unterstützt ihre Schweizer Partnerorganisationen vor Ort – sie hilft dort, wo die humanitären Bedürfnisse am grössten sind. Diese Partnerorganisationen garantieren die Überwachung der Hilfeleistungen und sie garantieren dafür, dass die Hilfe die Not leidenden Menschen erreicht. Hier können Sie spenden.

Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der Glückskette .

Krieg im Nahen Osten

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Die Konflikte in Israel, im Westjordanland, im Gazastreifen und in Libanon halten an. Hier finden Sie alle unsere Inhalte zum Krieg im Nahen Osten.

    Tagesschau, 14.01.2025, 19:30 Uhr ; 

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