Eine amerikanische Organisation, die Hungersnöte weltweit beobachtet, hat diese Woche einen Bericht zu Nordgaza zurückgezogen. Darin warnte die Organisation, dass den Menschen dort unmittelbar eine Hungersnot drohe. Ein Überblick zum zurückgezogenen Bericht.
Was steht in dem nun zurückgezogenen Bericht?
Nordgaza drohe eine akute Hungersnot, wenn nicht sehr bald sehr viel mehr Nahrungsmittel die Menschen dort erreichen würden. Die Organisation «Fews Net» – kurz für «Famine Early Warning Systems Network» – wurde 1985 in den USA als globales Frühwarnsystem für globale Hungerkatastrophen gegründet. Für die Städte Jabaliya, Beit Hanoun und Beit Lahia in Nordgaza hat «Fews Net» in seinem neuesten Bericht Alarm geschlagen: Bald würden dort täglich zwischen zwei und fünfzehn Menschen an Hunger sterben. Schuld an dieser Entwicklung sei die fast vollständige Blockade von Nordgaza durch Israel seit Anfang Oktober.
Warum wurde der Bericht zurückgezogen?
Der US-Botschafter zu Israel, Jacob Lew, kritisierte den Bericht öffentlich. Ebenso die amerikanische Organisation für Entwicklungszusammenarbeit USAID, welche vom US-Aussenministerium finanziert wird. Diese sagte, der Bericht der international anerkannten Organisation Fews Net basiere auf bereits veralteten Daten und werde der sich rasch verändernden Situation in Nordgaza nicht gerecht. Einige Hilfswerke äusserten sich besorgt über die Rücknahme der Hungersnot-Warnung.
Ist dieser Bericht nun legitim oder nicht?
Gleich eingangs zum Bericht schreibt die Organisation selbst, dass sie, im Gegensatz zu anderen Weltgegenden, niemanden vor Ort im Gazastreifen hat. Hilfswerke, welche in anderen Teilen des Gazastreifens arbeiten, haben schon wenige Wochen nach Beginn des Gazakrieges vor einer Hungersnot gewarnt. Die UNO hat am 24. Dezember geschrieben: Israel habe im Dezember 48 von 52 Versuchen der UNO unterbunden, humanitäre Hilfe zu koordinieren. Israel hingegen sagt, es stauten sich Lastwagen vor Nordgaza, und die UNO und andere Hilfswerke seien unfähig, diese Hilfsgüter zu verteilen. Was völlig unklar ist: Wie viele Menschen sich noch in Nordgaza befinden. Sind es 95'000, wie die UNO schreibt, oder weniger? Das lässt sich nicht unabhängig verifizieren.
Warum weiss man nicht genau, wie es in Nordgaza aussieht?
Einerseits, weil Israel keine Journalistinnen und Journalisten aus dem Gazastreifen berichten lässt. Im Oktober hat Israel zudem behauptet, sechs Al-Jazeera-Reporter, die noch aus Nordgaza berichteten, seien bei der Hamas und dem Islamischen Jihad, also gar keine Journalisten. Al Jazeera – der arabische Nachrichtensender, der von Katar finanziert wird – ist in Israel verboten. Von Satellitenaufnahmen ist die massive Zerstörung in Nordgaza allerdings ersichtlich, aber diese sagen noch nichts darüber aus, wie viele Zivilpersonen sich noch dort befinden.
Was macht Fews Net mit dem zurückgezogenen Bericht?
Die Organisation will den Bericht nun überarbeiten und im Januar neu herausgeben.