Eine Demonstration gegen den G7-Gipfel gab es dann doch. Die meisten Japanerinnen und Japaner hingegen sind stolz, Gastgeber des Spitzentreffens zu sein. Und sie verstehen auch, dass sich ihr Land weltpolitisch engagieren muss. Regierungschef Fumio Kishida spricht gar vom wichtigsten Gipfeltreffen für Japan seit jeher.
Und setzt mit dem Thema nukleare Abrüstung zugleich inhaltlich einen Akzent. «Der Weg zu einer Welt ohne Atomwaffen ist wegen der geopolitischen Spannungen noch beschwerlicher geworden.» Bloss: Aufgeben sei keine Option.
Unterstützt wird er dabei in Hiroshima von den Hibakusha, den Überlebenden des amerikanischen Atombombenabwurfs von 1945. Hiroshima, die Stadt der Tragödie, die heute die Stadt des Friedens sein will, solle, so ein Vertreter der Hibakusha, «nicht nur zum Erinnern auffordern, vielmehr zum Handeln gegen Atomwaffen».
Grosse Hoffnung auf konkrete Beschlüsse der G7-Staats- und Regierungschefs haben die inzwischen über Achtzigjährigen nicht. Selbst Premier Kishida spricht bloss von «kleinen, schwierigen Schritten».
Was heute in der Ukraine passiert, kann morgen in Asien geschehen.
«Nicht nur für atomare Abrüstung will sich Japan einsetzen, sondern ganz generell und weltweit für Frieden und Sicherheit», sagt Professor Kazuto Suzuki von der Universität Tokio und Direktor des Instituts für Geoökonomie. «Was heute in der Ukraine passiert, kann morgen in Asien geschehen», ergänzt Noriyuki Shikata in einer Videokonferenz aus dem Stab des Regierungschefs.
Und da wäre Japan dann unmittelbar in Gefahr. Also sucht man nun den engen Schulterschluss mit den G7-Partnern, auch militärisch, bis hin zur Entwicklung von Kampfjets mit Grossbritannien und Italien.
Umdenken bei der japanischen Bevölkerung
«Wegen des neuen, stärkeren Bedrohungsgefühls aufgrund der Nachbarschaft zu den drei Diktaturen China, Russland und Nordkorea denkt auch die Bevölkerung um», betont Professor Suzuki: «Neue, einflussreiche Freunde zu finden und bestehende Freundschaften zu pflegen, ist nicht nur Japans Wunsch, sondern inzwischen auch eine Notwendigkeit, zumal China auch im nuklearen Bereich enorm aufrüstet und die Vorherrschaft in Asien anstrebt.»
Japan sei trotz der geplanten Verdoppelung des Militäretats nie imstande, sich allein zu verteidigen gegen China. Also müsse man sich künftig auf Alliierte und Freunde verlassen können.
Wer Hilfe braucht, muss aber auch bereit sein, anderen bei Bedarf zu helfen. Das erklärt unter anderem Tokios klare Haltung angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine. Japan braucht den Westen. Aber der Westen profitiert seinerseits, wenn er mit Japan in Ostasien einen freiheitlich-demokratischen Verbündeten hat, der sich auf der Weltbühne zunehmend profiliert und engagiert.