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Neue Märkte, neue Partner Zündet die EU jetzt den Freihandelsturbo?

Während die USA die Zollschranken schliessen, will sich die EU diversifizieren – und blickt nach Südamerika und Indien.

Trumps Amerika ist vieles, aber eines sicher nicht: ein verlässlicher Partner. Schon gar nicht in der Handelspolitik, wie sein Gebaren der letzten Wochen und Monate zeigt. Deswegen intensiviert die EU ihre Bemühungen, sich im Handel mit der Welt breiter aufzustellen.

Die Europäer bräuchten nun schnell neue Partner in der Welt, erklärte Friedrich Merz am Sonntag in der ARD. Deutschlands designierter Kanzler sagte weiter, dass nun auch der französische Präsident Emmanuel Macron dazu neige, das Freihandelsabkommen Mercosur zu unterstützen.

Bauern protestieren in Carcassone gegen den EU-Mercosur-Vertrag (November 2024)
Legende: Gegen ein Freihandelsabkommen mit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay gibt es in Frankreich massiven Widerstand aus der Landwirtschaft. Keystone / EPA / Guillaume Horcajuelo

Brüssel schielt jedoch auch auf andere Märkte. Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten zum Beispiel hat die EU Freihandelsgespräche vereinbart, wie vergangene Woche bekannt wurde.

EU will globalen Handel breiter abstützen

«Als Folge des Handelskriegs, der sich derzeit anbahnt, sieht man eine Diversifizierungs­strategie der EU», sagt Arthur Leichthammer, der am Jacques Delors Centre in Berlin zur europäischen Wirtschafts- und Handelspolitik forscht.

In den letzten beiden Jahrzehnten waren die USA und China die mit Abstand wichtigsten Absatzmärkte der EU. Nun setze jedoch nicht nur Trump Druck im globalen Wirtschaftsgefüge auf, sondern auch China. Das Land werde nämlich immer mehr zum Konkurrenten für die EU bezüglich der Güter, die Europa bisher nach China exportierte.

Brüssel ist zwar bestrebt, die Wogen mit China zu glätten, das sich derzeit als Anker der regelbasierten Ordnung geriert. Handelspolitische Differenzen gibt es aber auch mit dem Riesenreich – so etwa die Staatssubventionen für Unternehmen.

Wenn sich ein einzelner Spieler gegen alle anderen stellt, kann das die anderen auch näher zusammenbringen.
Autor: Arthur Leichthammer Policy Fellow für Geoökonomie am Jacques Delors Centre

Die EU blickt nun auch verstärkt in Märkte wie Indien oder Indonesien. Die Länder sind zwar bevölkerungsreich, noch fehle es ihnen aber an Kaufkraft, führt der Politökonom aus. Verluste und Unwägbarkeiten im Handel mit den USA und China lassen sich so also nur abfedern.

Merz: EU soll selbstbewusst auftreten

Deutschlands designierter Kanzler mahnt denn auch an, mit Washington im Gespräch zu bleiben. Merz sagte im «Handelsblatt», man werde eine Lösung mit Trump finden, wenn das gemeinsamen Interessen diene. Die EU müsse dabei mit einer Stimme sprechen, sich handlungsfähig zeigen und ihre Interessen selbstbewusst vertreten.

Die Wirtschaftskraft der EU ist stark von den Exporten abhängig. Gerade Deutschland gehört zu den grössten Exportnationen der Welt. Deswegen zielt Brüssel laut Leichthammer auch darauf ab, die Nachfrage und Wettbewerbsfähigkeit im heimischen Markt zu stärken.

Merz
Legende: Merz hatte bereits im Wahlkampf für ein Freihandelsabkommen mit den USA geworben. Auch Trumps Berater, der Tech-Milliardär Elon Musk, hatte sich im Zollstreit für eine transatlantische Freihandelszone ohne Zölle ausgesprochen.  Keystone / DPA / Michael Kappeler

Diversifizierung, Freihandel und Verlässlichkeit: Geht es nach Politökonom Leichthammer, ist das das Gebot der Stunde für die EU. «Sie ist die letzte grosse Vertreterin der Regeln der Welthandelsorganisation. Daran sollte sie festhalten.» Denn daraus könnten sich auch Chancen ergeben.

Wenn die USA Regelungen untergraben würden, könne das auch zu einer Gegenreaktion führen: «Wenn sich ein einzelner Spieler gegen alle anderen stellt, kann das die anderen auch näher zusammenbringen.» So könnte es schneller gelingen, Freihandelsabkommen abzuschliessen und sich auf einen regelbasierten Handel zu einigen.

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SRF 4 News, 14.4.2025, 6:20 Uhr ; 

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