Die Meinungen über Eric Dupond-Moretti sind gemacht – und sie gehen weit auseinander. Dies zeigen etwa die Reaktionen aus jenem Bereich, dem er künftig als Richter vorsteht: Die Gewerkschaften der Magistraten – also die Angestellten der französischen Justiz – protestieren lautstark.
Prominente Anwälte dagegen applaudieren. Kein Wunder, denn erstmals seit Jahren wird wieder ein prominenter Anwalt in Frankreich Justizminister. Dupond-Moretti ist einer, der weiss, dass er polarisiert, und der das wohl auch geniesst.
Anwalt des Terroristen Merah
Anwälte seien angesteckt von der Sache, die sie verteidigen, sagte er vor Jahren an einer Podiumsdiskussion. «Gilt sein Klient in der öffentlichen Meinung als unschuldig, ist der Anwalt ein Held. Umgekehrt gilt er als Mistkerl», so Dupond-Moretti.
Auch die Meinung über viele Klienten Dupond-Morettis ist oft gemacht. Zum Beispiel Abdelkader Merah, angeklagt wegen Mittäterschaft bei den Morden, die sein Bruder Mohammed Merah 2012 in der Region Toulouse verübt hatte.
Für den neuen Justizminister ging es in dem Fall damals um die Grundsatzfrage, ob mutmassliche Terroristen kein Recht auf einen fairen Prozess hätten, ob sie auch bei ungenügenden Beweisen verurteilt werden dürfen. «Oder gilt Kriegsrecht?», fragte Dupond-Moretti. Mohammed Merah wurde in zweiter Instanz schuldig gesprochen und zu 30 Jahren Haft verurteilt.
Prominente Fälle verloren
Auch in anderen prominenten Fällen sprach das Gericht die Klienten Dupond-Morettis schuldig: den ehemaligen Budgetminister Jerôme Cahuzac wegen Steuerbetrugs oder den prominenten rechten Abgeordneten Pierre Balkany wegen Steuerbetrugs und Geldwäscherei. In anderen spektakulären Fällen erreichte er einen Freispruch – zum Beispiel für Jean Castela, der als Drahtzieher bei der Ermordung des Präfekten Jean Erignac in Korsika angeklagt war.
Dupond-Moretti nimmt für sich 145 Freisprüche in Anspruch, die er für seine Mandanten erwirkt hat. Präsident Emmanuel Macron wolle sich mit seiner Prominenz schmücken, vermutet die Zeitung «Le Monde». Dabei hält der Neue mit Kritik an der französischen Justiz nicht zurück.
So kritisierte er etwa einen Entscheid während der Ausgangssperre, Angeklagte ohne Vorladung von einem Richter in Untersuchungshaft zu setzen. Das habe es seit 1793 nicht mehr gegeben, polterte Dupond-Moretti.
Lob für den EGMR
Genauso hart kritisiert der neue Justizminister den bisherigen Innenminister Christophe Castaner. Dieser hatte gedroht, Polizisten allein wegen des Verdachts auf rassistisches Verhalten vom Dienst zu suspendieren. Auch für Polizisten gelte die Unschuldsvermutung, so Dupond-Moretti. Jemanden nur auf Verdacht hin zu suspendieren, gehe nicht.
Justiz brauche Kontrolle, sagt er gerne – zum Beispiel durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Dieser sei für die meisten Fortschritte in der französischen Rechtsprechung verantwortlich, sagte er kürzlich in einer Fernsehdiskussion. Dupond-Moretti könnte als neuer Justizminister Frankreichs jetzt dafür sorgen, dass sich das ändert.