Unverblümt hat Matteo Salvini kürzlich seine Strategie enthüllt: «Es zahlt sich aus, die Stimme anständig zu erheben», gab er zum Besten. Tatsächlich zahlt sich das für Salvini aus: Seine Lega ist gemäss Umfragen inzwischen die stärkste politische Kraft Italiens. Und fast täglich lanciert der Innenminister ein neues Thema.
Gegen Mafia-Kritiker, Ausländer und Roma
Jetzt griff Salvini einen seiner härtesten Kritiker an, den Publizisten Roberto Saviano. Mit seinen Büchern und Recherchen gegen die Mafia hatte sich Saviano international einen Namen gemacht («Gomorrha»). Er wird wegen seiner Veröffentlichungen von der Mafia mit dem Tod bedroht. Trotzdem denkt Salvini nun darüber nach, Saviano den teuren Polizeischutz zu entziehen.
Dann sagte Salvini, Italien könne keine weiteren Migranten mehr aufnehmen. Zugleich wirft er den privaten Hilfsorganisationen im Mittelmeer vor, mit den Schleppern gemeinsame Sache zu machen. Oder er attackiert die Sinti und Roma, die Fahrenden. Er wolle alle auf einer Liste erfassen, um jene, die illegal in Italien sind, auszuweisen. Italienische Sinti und Roma müsse er leider behalten, sagte Salvini.
Alles bloss ein Ablenkungsmanöver?
Eine der Folgen: In italienischen Talkshows streitet man sich nun seit Tagen, ob das noch anständig und zulässig oder verroht und rassistisch sei. Dabei haben alle Vorschläge und Vorstösse Salvinis eines gemein: Sie kosten nichts – auf jeden Fall kein Geld.
Salvinis Kritiker sagen, der neue Innenminister versuche mit seinen Attacken davon abzulenken, dass die Regierung die wirklich substanziellen Wahlversprechen auf die lange Bank schiebe. Dies weil für den Ausbau der Sozialhilfe, für tiefere Steuern oder das tiefere Rentenalter das Geld fehle. In der Tat ist weiterhin unklar, wie die Populisten an der Macht das alles finanzieren wollen.
Die anderen werden im Getöse nicht gehört
Das Gepolter Salvinis überdeckt derzeit auch die leisen Töne, die diese Regierung ebenfalls von sich gibt. Ganz leise Töne waren zum Beispiel vor kurzem von Europa-Minister Paolo Savona zu hören.
Der bekennende Euro-Kritiker sagt nun auf einmal, der Euro sei unter gewissen Aspekten nicht nur positiv, sondern unverzichtbar. Auch wolle man nicht aus dem Euro austreten, es gebe dafür keinen ominösen Plan B. Der Finanz- und Wirtschaftsminister Giovanni Tria seinereits versichert, Italien liege die Budgetdisziplin am Herzen.
Bei den sehr heissen Themen Euro, Budgetdisziplin und Staatsschuld ist diese Regierung – zumindest bisher – sehr vorsichtig. Doch wegen Salvini geht das komplett unter.
Der Premier und sein Vize als Statisten
Aber auch der Koalitionspartner von Salvinis Lega, das Movimento Cinque Stelle, die Fünf-Sterne-Bewegung, ging unter. Sowohl ihr Chef Luigi Di Maio als auch der Regierungschef Giuseppe Conte erscheinen wie Statisten.
Ohnmächtig und zeitweise auch erschreckt beobachten sie das Treiben Salvinis. Bleibt das so, dann stehen das Gleichgewicht und damit die Beständigkeit dieser Regierung auf dem Spiel.