Rishi Sunak ist ganz oben angekommen. Der 42-Jährige hat einen turboschnellen Aufstieg hingelegt und ist nur sieben Jahre nach seinem Einstieg in die britische Politik Regierungschef der fünftgrössten Volkswirtschaft der Welt geworden. Doch der Senkrechtstarter wird sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen können. Auf ihn warten riesige Herausforderungen.
Was der neue britische Premierminister und Parteichef der Konservativen jetzt gut gebrauchen könnte, wären übermenschliche Kräfte. Sunak ist ein grosser Star-Wars-Fan. Als Jugendlicher rannte der Sohn einer indisch-stämmigen Einwanderer-Familie im Jedikostüm und mit einem Laserschwert durch sein Viertel im südenglischen Southampton.
Wie weiter mit den Staatsfinanzen?
Seine Vorgängerin Liz Truss überlässt ihm ein finanz- und wirtschaftspolitisch verunsichertes Land. Truss’ überhastete Steuersenkungspläne haben die Finanzmärkte stark verunsichert; die Zinsen sind in der Folge in die Höhe geschnellt – was es für den Staat teurer macht, Geld aufzunehmen und einen Teil seiner Aufgaben vorübergehend auf Pump zu finanzieren.
Rishi Sunak wird nun Prioritäten setzen müssen. Im parteiinternen Wahlkampf im Sommer sagte er: «Wir müssen zu einer traditionellen, konservativen Wirtschaftspolitik zurückkehren, die aufrichtig und verantwortungsbewusst ist, statt uns wie in einer Märchenwelt zu bewegen.» Damit meint er: Einnahmen und Ausgaben müssten mittelfristig im Lot sein. Staatsaufgaben auf Pump zu finanzieren, sei nicht nachhaltig.
Doch dieses Prinzip wird Sunak ab sofort schlaflose Nächte bereiten: Im britischen Staatshaushalt klafft ein Loch von schätzungsweise rund 70 Milliarden Pfund. Ein wesentlicher Teil davon geht auf den Energiepreis-Deckel zurück, mit dem Vorgängerin Truss gleich nach Amtsantritt Anfang September Haushaltungen und Firmen zu Hilfe eilte, die ihre Energie-Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Diese Hilfszahlungen wird Sunak vor nächstem Frühling nicht antasten können.
Und bei den grössten Ausgabeposten wie der Gesundheitsversorgung, dem Sozialwesen sowie der Bildung gibt es keinen nennenswerten Spielraum mehr. Im Gegenteil. Das Gesundheitswesen ist chronisch unterfinanziert und die Sozialhilfe wird bei einer Inflation von gut zehn Prozent auch wesentlich mehr kosten als budgetiert.
Wie weiter mit der EU?
Rishi Sunaks zweite grosse Baustelle wird der Aussenhandel sein. Genauer: die zerrüttete Beziehung zur EU. Die Folgen des Brexits bremsen die britische Wirtschaft. Der Aussenhandel liege 16 Prozent unter dem Niveau, auf dem er gegenwärtig läge – wäre das Vereinigte Königreich nicht aus der EU ausgetreten, haben Ökonomen kürzlich errechnet.
Für Sunak heisst dies: Eine schnelle Klärung der strittigen Fragen mit der EU tun Not, um Ruhe in die Beziehungen zum wichtigsten Handelspartner zu bringen.
Wie weiter mit der eigenen Partei?
Rishi Sunak tritt auch als Parteichef ein schweres Erbe an. Seine Partei ist tief gespalten – zwischen mehreren Gruppierungen, die sich hinter den Kulissen bekriegen. Hier wird er mit Zuckerbrot und Peitsche für Ruhe sorgen müssen. Vorvorgänger Johnson gelang dies über längere Zeit meisterhaft – bis er über Partygate und andere Affären stolperte.
«Ist die konservative Partei noch regierbar?», fragt die «Financial Times» am Wochenende besorgt – was eine weitere grosse Herausforderung für den neuen Polit-Star Sunak treffend auf den Punkt bringt. Mit Jedi-Zauberkräften würde ihm auch die Lösung dieser Aufgabe viel leichter fallen.