Gut 3000 Menschen leben in Spitzbergen auf einer Fläche von über 60'000 Quadratkilometern. Sie kommen aus über hundert verschiedenen Staaten. Heute dominieren die Forschung und der Tourismus das Leben im nördlichsten von Menschen bewohnten Gebiet der Welt.
Schlechtere Stimmung in Barentsburg
Von der Sowjetunion, die sich 1991 auflöste, bleibt auf Spitzbergen bis heute die Bergbaustadt Barentsburg, die hauptsächlich aus ukrainischen Mineuren und ihren Familien sowie russischen Verwaltungsangestellten besteht. Insgesamt sind es gut 500 Menschen.
«Wir haben über die Jahre hier auf der Insel enge Beziehungen zwischen den Siedlungen aufgebaut», sagt Vigdis Jensen, die seit zehn Jahren auf Spitzbergen lebt. Sie organisiert jedes Frühjahr das grosse Sonnenfest, das nach der fast vier Monate dauernden Polarnacht gefeiert wird.
Im Nachzug zum russischen Angriff auf die Ukraine sind nun aber die traditionell engen Beziehungen zwischen den russischen und norwegischen Siedlungen weitgehend eingefroren worden.
Moskau fordert Oslo heraus
Norwegen hat die Grenzkontrollen bei der Ein- und Ausreise von und nach Spitzbergen über den einzigen internationalen Flughafen in Longyearbyen verstärkt. Russland seinerseits stellt ein wichtiges Grenzabkommen mit Norwegen in der Barentssee infrage.
Dazu gehört der Transport von Nahrungsmitteln und anderen Versorgungsgütern aus Russland nach Barentsburg. Statt diese direkt per Schiff in die Hocharktis zu bringen, schickte Moskau Anfang Juli mehrere Sattelschlepper in Richtung Norwegen, um auf diesem Weg das auch von Norwegen verhängte Sanktionsregime herauszufordern.
Prompt blieben die Waren am Zoll in Nordnorwegen stecken, worauf Russland dies als Bruch des Spitzbergen-Abkommens bezeichnete. Erst der direkte Hilferuf der zunehmend isolierten Menschen in Barentsburg bewegte nun die russische Regierung dazu, ein Versorgungsschiff zu diesem Aussenposten zu schicken.
Was bedeutet da schon «neutral»?
Wie es nun mit den Beziehungen zwischen Norwegen und Russland in der Hocharktis weitergeht, ist laut Ronny Brunvoll, Leiter der lokalen Tourismusbehörde Visit Svalbard, völlig unklar: «Unser besonderer internationaler Status als neutrales und demilitarisiertes Territorium nützt uns im Moment wenig.»
Tatsächlich ziehen jetzt noch mehr dunkle Wolken über dem Archipel unter dem Nordpol auf. So wird in der russischen Duma gegenwärtig ein Vorstoss diskutiert, der auf eine Kündigung des sogenannten «Grenzlinienabkommen» abzielt.
Dieses wurde im Jahre 2010 nach über 40 Jahre dauernden Verhandlungen zwischen Moskau und Oslo geschlossen und regelt die Wirtschaftszonen zwischen den Nachbarstaaten zwischen Nordkapp und Nordpol.
Für Europa und die Arktis sind dies alles schlechte Nachrichten: Russlands Krieg in der Ukraine zieht immer weitere Kreise – und aus Moskau sind fast nur noch Stimmen zu hören, welche die Konfrontation mit Nachbarstaaten weit über die Ukraine hinaustragen wollen – bis hinauf zum Nordpol.