Vor einem Jahre nahm Eric Ciotti einen ersten Anlauf: Er wollte für «Les Républicains» (LR) Präsidentschaftskandidat werden. Doch der Abgeordnete aus Nizza galt selbst vielen Parteifreunden als zu aggressiv.
Sie befürchteten, dass Ciotti die eigenen Sympathisanten abschrecken könnte. Valérie Pécresse, die Präsidentin der Region «Ile de France», erhielt den Vorzug. Sie hinterliess im Wahlkampf einen blassen Eindruck und scheiterte kläglich im ersten Wahlgang. Seither herrscht bei LR Katzenjammer und Ciotti soll es jetzt richten.
Nicht mehr relevant
Allerdings hat sich seither auch die Partei verändert: Bei den Wahlen in diesem Frühjahr mussten «Les Républicains» erneut schwere Verluste verbuchen. Während Jahrzehnten verstanden sie sich als klassische Regierungspartei unter konservativen Präsidenten – von Gründer De Gaulle bis zur Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy. Inzwischen ist sie selbst in der Opposition nur noch Nummer Drei.
Als stärkste Konkurrenz der Regierung von Präsident Macron profilieren sich rechts das Rassemblement National unter Fraktionschefin Marine Le Pen und am linken Rand «La France insoumise» von Jean-Luc Mélenchon.
Viele Abgänge
Beide Pol-Parteien haben bei den Wahlen kräftig zugelegt. Den «Républicains» dagegen laufen die Anhängerinnen und Anhänger weg. Viele prominente LR-Politikerinnen und Politiker haben ins Lager von Präsident Macron gewechselt und geben dort inzwischen den Ton an.
Dass sich selbst der ehemalige Präsident Nicolas Sarkozy von seiner ehemaligen Partei abgewendet und eine Koalition mit Macron propagiert hat, war ebenfalls ein schwerer Schlag für LR.
Für eine solche Koalition ist Eric Ciotti nicht zu haben. Dies sagt er in aller Deutlichkeit. Für Präsident Macron und seine Regierung dürfte es entsprechend schwierig werden, «LR» punktuell für Kompromisse zu gewinnen. Selbst bei Themen nicht, wo die Positionen recht nahe sind, bei der Rentenreform zum Beispiel.
Neues Profil gefordert
Eric Ciotti soll den «Les Républicains» wieder ein deutliches Profil geben. Er wird den politischen Schwerpunkt seiner Partei nach rechts verschieben, daran lässt Ciotti keine Zweifel. Dies dürfte auch bisherige Wählerinnen und Wähler vertreiben. Ob «LR» diese Verluste Richtung Zentrum kompensieren kann, ist fraglich.
Denn rechtsaussen gibt es neben Marine Le Pen auch Konkurrenz durch die Partei des rechtsextremen Publizisten Eric Zemmour. Dieser vertritt nicht nur in der Migrations- und der Sicherheitspolitik, sondern auch wirtschaftspolitisch eine ähnliche Haltung wie Ciotti.
Fragt sich allerdings, ob die einst traditionelle Regierungspartei noch genug Anziehungskraft entwickeln kann, um wieder dominanten rechte Kraft zu werden.