Nach offiziellen Angaben wurde bei den Unruhen auch ein Polizist getötet. Hunderte weitere Menschen wurden verletzt. Örtliche Medien veröffentlichten Fotos und Videos von geplünderten und völlig zerstörten Supermärkten und Tankstellen. Seit Anfang der Woche setzen Unabhängigkeits-Befürworter immer wieder Geschäfte und Autos in Brand.
Frankreich rief in der Folge den Ausnahmezustand aus, der seit gestern Abend gilt. Der Ausnahmezustand erleichtert es, Ausgangssperren und Demonstrationsverbote zu erlassen und kann Polizei und Justiz erweiterte Befugnisse geben.
Die Gewalttaten seien nicht tolerierbar und der Staat werde unerbittlich durchgreifen, um die Ordnung wieder herzustellen, hiess es aus dem Élysée-Palast. Macron habe zur Wiederaufnahme des politischen Dialogs aufgerufen und wolle die kaledonischen Delegationen rasch in Paris empfangen.
Gegen eine Wahlrechtsreform aus Paris
Die Separatisten in Neukaledonien sind wütend über eine geplante Verfassungsreform der Regierung in Paris. Sie würde tausenden französischen Wählerinnen und Wählern in dem Inselstaat im Südpazifik mit insgesamt etwa 270'000 Einwohnern neu das Wahlrecht einräumen.
Bislang sind nur jene Personen stimmberechtigt, die schon 1968 in Neukaledonien wohnten. Neu sollen alle das Wahlrecht erhalten, die seit mindestens zehn Jahren dort leben. Das eingeschränkte Wahlrecht auf Neukaledonien wurde 1998 eingeführt – damals eine Forderung der Kanaken in Neukaledonien, wie die Angehörigen des südpazifischen Kanak-Volkes genannt werden.
Unabhängigkeit dreimal abgelehnt
Neukaledonien hat zwischen 2018 und 2021 dreimal über eine Unabhängigkeit von Frankreich abgestimmt – und sie immer abgelehnt. Die letzte der drei Abstimmungen wurde von den Kanaken allerdings boykottiert, weil sie mitten in der Pandemie stattfand und der Termin kanakisches Brauchtum verletzte.
Für Paris war die Unabhängigkeit Neukaledoniens nach den drei Abstimmungen kein Thema mehr. Das Überseegebiet soll jetzt bloss eine gewisse Autonomie innerhalb des französischen Staates erhalten.
Und weil das eingeschränkte Wahlrecht in Neukaledonien gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstösst, sollen, so der Willen der französischen Regierung, künftig alle Einwohnerinnen und Einwohner politisch mitbestimmen dürfen.
Gebäude angezündet, Flughafen geschlossen
Zahlreiche Gebäude und Autos in der Hauptstadt Nouméa gingen in Flammen auf. Der Hauptflughafen La Tontouta, Schulen und öffentliche Einrichtungen bleiben bis auf Weiteres geschlossen. Aus Sorge vor Lebensmittelknappheit bildeten sich vor vielen Geschäften lange Schlangen.
Eine der Personen sei durch eine Kugel getötet worden, allerdings nicht von einem Polizisten, stellte Innenminister Darmanin klar. Die genauen Umstände müssten geklärt werden. Zum zweiten Toten liegen keine Informationen vor.
Polizeiwachen mit Äxten angegriffen
«Gewalt in einer Demokratie darf es nicht geben. Es muss absolute Ruhe einkehren», forderte Darmanin. Er sprach von Angriffen auf Polizeiwachen mit Äxten und schwerer Munition. Dabei wurden nach Berichten des Senders 1ère Nouvelle-Calédonie mindestens 60 Polizisten verletzt. Demnach wurden auch 130 Personen festgenommen.