Was tun, wenn ein Asteroid auf die Erde zurast? Forschende der US-amerikanischen und europäischen Raumfahrtagenturen Nasa und ESA proben den Ernstfall. Morgen startet in Kalifornien eine Raumsonde der Nasa. Sie soll im kommenden Oktober mit einem Asteroiden kollidieren und dadurch dessen Laufbahn verändern. Detlef Koschny von der ESA erklärt die Mission.
SRF News: Wie erfolgversprechend ist diese Mission?
Detlef Koschny: Die Mission wird sicher ein Erfolg werden. Natürlich hat man die üblichen Risikos beim Start. Wir werden den Asteroiden erst mal treffen müssen. Wir sind überzeugt, dass das kein Problem ist. Das kann man simulieren und das hat man bereits im Weltraum durchgeführt. Dann wird die Frage sein, wie viel der Asteroid wirklich abgelenkt wird. Die Erwartung ist gross, dass wir das immer noch leicht messen können, selbst wenn nur die Hälfte des Effekts auftritt.
Wie soll die Kollision ablaufen?
Ich nenne das einen «kosmischen Auffahrunfall». Wenn an der Ampel vor Ihnen einer steht und Sie fahren hinten rein, dann schiebt es das Auto vor Ihnen nach vorne. Im Prinzip ist es genau diese Methode. Wir rammen einen möglichst grossen und schnellen Satelliten in den Asteroiden und verändern dadurch seine Geschwindigkeit ein bisschen.
Kann man von der Erde aus feststellen, ob die Mission erfolgreich war?
Man kann sehen, wie gross der Effekt ist, weil dieser Asteroid ein ganz besonderer ist. Es ist ein Doppelasteroid – zwei Objekte, die sich umkreisen. Wir bringen nicht dieses Doppelobjekt aus der Bahn, sondern wir verändern die Umlaufszeit vom kleineren Objekt um das grössere.
Wir wollen auch wissen, woraus der Asteroid besteht. Wie gross wird der Einschlagkrater sein und wie schwer ist dieses Objekt?
Nächstes Jahr ab Oktober sind die Objekte so zur Erde orientiert, dass der Kleinere sich vor den Grösseren schiebt. Dadurch verändert sich die Helligkeit und wir können diese Umlaufzeit von der Erde aus genau messen. Wir wollen auch wissen, woraus der Asteroid besteht. Wie gross wird der Einschlagkrater sein und wie schwer ist dieses Objekt? Dafür brauchen wir die Europäische Nachfolge-Mission Hera.
Warum wird die Sonde Hera erst in drei Jahren losgeschickt?
Da gibt es finanzierungstechnische Probleme. Die ESA wird alle drei Jahre mit neuem Geld versorgt. Als wir das letzte Mal Geld gekriegt haben, war die Nasa-Mission noch nicht offiziell beschlossen. In Europa hat man mit dem definitiven Finanzierungsbeschluss gewartet. Dann hat die Nasa ihre Missionen finanziert und jetzt sind wir ein bisschen später dran. Das ist aber kein Beinbruch, weil der Asteroid im Vakuum ist.
Die Bedeutung davon verstehen kann man erst, wenn man messen kann, wie schwer dieses Objekt ist.
Was erhofft man sich denn von den Erkenntnissen, die die Sonde der ESA, die Hera, liefert?
Man sieht jetzt einmal von der Erde aus, wie sehr sich die Umlaufszeit des Asteroiden verändert. Aber die Bedeutung davon wirklich verstehen, kann man erst, wenn man messen kann, wie schwer dieses Objekt ist. Unsere Modelle sagen, dass das stark davon abhängt, wie die Oberfläche ausschaut. Das muss man wissen, um bei einem möglichen anderen Asteroiden vorhersagen zu können, wie viel Kraft man braucht, um den abzulenken.
Gäbe es noch andere Möglichkeiten, wie ein solcher Asteroid umgeleitet oder ausgeschaltet werden könnte?
Eine der Methoden nennt sich Gravitationstraktor. Ich nehme einen schweren Satelliten, bringe ihn in die Nähe des anderen Asteroiden und lasse die Anziehungskraft wirken. Auch nukleare Explosionen werden diskutiert. Das wäre die allerletzte Notlösung. Aber wenn es darum geht, einen Asteroiden in letzter Sekunde abzulenken, könnte es sein, dass man das realisieren muss.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.