Sie war britische Botschafterin in Äthiopien und bei der Afrikanischen Union. Jetzt leitet Susanna Moorehead den Entwicklungshilfe-Ausschuss der OECD und warnt: Die Schweiz gefährde ihren Ruf, wenn sie ihre Entwicklungshilfe darauf ausrichte, Migration zu verhindern.
Problematische Verknüpfung
Der Bundesrat entschied Ende letzten Jahres, die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit vermehrt auf Länder zu konzentrieren, von denen sich viele Migranten Richtung Schweiz aufmachen. Das heisst konkret: Mehr Projekte etwa in Afrika. Im Gegenzug zieht sich die Entwicklungshilfe weitgehend aus Lateinamerika zurück.
Der Bundesrat entschied auch, dass er Entwicklungshilfe und Migrationspolitik enger verbinden will. Wie das gehen soll, skizzierte der zuständige Aussenminister Ignazio Cassis damals in der SRF-Samstagsrundschau: «Wir verlangen explizit eine Kooperation mit dem Land, wo das Geld hinfliesst – für eine Rückübernahme von Migranten, die illegal in die Schweiz kommen.»
Solche Verknüpfungen kritisiert die OECD-Entwicklungshilfe-Expertin Moorehead. Der Bevölkerung zu versprechen, man könne so die Migration stoppen – das funktioniere nicht. Die Schweiz solle stattdessen mit langfristigen Projekten Armut bekämpfen und Jobs schaffen.
Langfristig statt kurzfristig denken
Erfolgreiche Entwicklungshilfe führe kurzfristig übrigens eher dazu, dass mehr statt weniger Leute ihre Heimat verlassen würden. «Wenn die Länder etwas reicher werden, haben mehr Leute das nötige Geld um überhaupt Richtung Europa aufzubrechen», so Moorehead. Erst mit der Zeit gehe die Migration zurück – weil die Leute allmählich wieder eine Perspektive hätten in der Heimat.
Langfristig statt kurzfristig denken – und Entwicklungshilfe nicht als Druckmittel einsetzen, mahnt die OECD. «Völlig einverstanden», antwortet Manuel Sager, Chef der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza). Er verantwortet den Grossteil der Schweizer Entwicklungshilfe.
Das Deza beschwichtigt
Sager relativiert die Aussagen seines Chefs Cassis: Die Schweiz wolle zwar künftig verstärkt darauf hinwirken, dass Empfängerstaaten zum Beispiel abgewiesene Asylsuchende konsequenter zurücknähmen. Hilfsgelder oder -projekte aber ultimativ mit solchen Forderungen zu verknüpfen, sei nicht geplant. «Das ist nicht wirkungsvoll. Erstens sind die Beträge zu klein und zweitens würden wir damit die Bevölkerung bestrafen.»
Der oberste Entwicklungshelfer beschwichtigt also. Entscheiden wird die Politik: Nächsten Monat legt der Bundesrat seine Detailpläne vor.