- Der ehemalige österreichische Bundeskanzler und aktueller ÖVP-Chef Sebastian Kurz zieht sich aus der Politik zurück.
- Seine Begeisterung für Politik sei in letzter Zeit kleiner geworden, sagte Kurz an einer Medienkonferenz.
- Kurz hatte diesen Schritt über die «Kronen-Zeitung» angekündigt. Unter anderem habe ihn auch die Geburt seines Sohnes dazu bewogen.
- Laut Medienspekulationen könnte Innenminister Karl Nehammer als Chef der ÖVP nachfolgen und auch das Amt des Kanzlers von Alexander Schallenberg übernehmen.
«Für mich beginnt ein neues Kapitel in meinem Leben. Ich freue mich auf Zeit mit meinem Kind und meiner Familie, bevor ich mich im neuen Jahr neuen beruflichen Aufgaben widmen werde», sagte der Kurz an der Medienkonferenz.
Für mich beginnt ein neues Kapitel in meinem Leben. Ich freue mich auf Zeit mit meinem Kind und meiner Familie, bevor ich mich im neuen Jahr neuen beruflichen Aufgaben widmen werde.
Der Ex-Kanzler ist vor wenigen Tagen Vater eines Sohnes geworden. Das habe ihm gezeigt, dass es Wichtigeres im Leben gebe.
Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen, so Kurz. Er empfinde aber keine Wehmut. Beigetragen zu der Entscheidung hätten auch die Entwicklungen der letzten Monate. Er sei mit der Abwehr von Vorwürfen und Anschuldigungen beschäftigt gewesen, sagte Kurz. Seine Leidenschaft für Politik sei damit ein Stück weit weniger geworden.
Über seine Zukunftspläne äusserte sich Kurz, der Jura nicht zu Ende studiert hat, nicht klar. Er wolle sich im kommenden Jahr neuen beruflichen Aufgaben widmen. Zuvor war spekuliert worden, er übernehme wohl einen Top-Job in der Wirtschaft. Seine Familie soll zunächst im Mittelpunkt stehen, betonte der Ex-Kanzler.
Im Visier von Ermittlungen
Gegen den 35-Jährigen ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss und wegen des Verdachts der Untreue. Kurz und seine politischen Mitstreiter sollen seinen Aufstieg an die Regierungsspitze untere anderem mithilfe von Steuergeldern befördert haben.
Im Oktober zog Kurz die Konsequenzen aus den Ermittlungen und trat als Bundeskanzler zurück. Sein Nachfolger wurde der bisherige Aussenminister Alexander Schallenberg. Kurz fungierte seither als Klubobmann der ÖVP und als Abgeordneter im Parlament. Mitte November wurde seine Immunität aufgehoben.
Einstiger Superstar der Konservativen
Kurz galt lange Zeit als politischer Superstar der Konservativen in Europa. Er startete seine politische Karriere auf Bundesebene 2011 als Staatssekretär für Integration. Mit 27 Jahren wurde er 2014 jüngster Aussenminister in der Geschichte Österreichs. 2017 gelang ihm der Sprung an die Regierungsspitze. Kurz wurde Kanzler einer Regierungskoalition aus ÖVP und rechter FPÖ. Für die Beteiligung der Rechtspopulisten an der Regierung wurde Kurz vielfach kritisiert. Nach dem Ende der Koalition in Folge der Ibiza-Affäre kam es zu Neuwahlen. Seit Anfang 2020 war Kurz Kanzler eines Bündnisses von ÖVP und Grünen.
Zu seinen politischen Markenzeichen gehörte seine grosse Bürgernähe und sein vehementes Eintreten für eine restriktive Migrationspolitik. Seine politische Kommunikation war geprägt von sehr klaren Ansagen. Jahrelang war Kurz ausserordentlich populär.
Seit die Staatsanwaltschaft im Mai Ermittlungen gegen Kurz aufnahm, begann sein politischer Stern zu sinken. Vorläufiger Tiefpunkt waren Hausdurchsuchungen im Bundeskanzleramt und in der ÖVP-Zentrale im Oktober, nach denen Kurz als Regierungschef zurücktrat.