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Ohne Dollar keine Sanktionen? Der halbgare Umgehungsmechanismus der EU

Wie können der Iran und Europa trotz US-Sanktionen weiter miteinander geschäften? Das Stichwort lautet Handelsplattform.

Darum geht es: Heute haben die USA weitere Sanktionen gegen Iran erlassen. Sie richten sich gegen die Ölbranche, den Banken- und Finanzsektor – und sie betreffen auch Unternehmen in Drittstaaten. Denn wer mit Teheran Handel treiben will, hat ab heute ein Problem – sofern die Geschäfte in US-Dollar abgewickelt werden. Und das ist bei den meisten Transaktionen der Fall.

Die Überlegungen der EU: Wie kann Europa weiter mit Iran Handel treiben, ohne von den US-Sanktionen getroffen zu werden? Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini kündigte im September am Rande der UNO-Generalversammlung in New York eine Handelsplattform auf europäischem Boden an. Oliver Washington, SRF-Korrespondent in Brüssel, erklärt die Idee dahinter: «Wenn es keine Finanzflüsse zwischen Iran und Europa gibt, können diese auch nicht von den USA angegriffen werden.»

Ein Beispiel einer Transaktion: «Wir haben auf der einen Seite Iran, das Öl verkaufen will, auf der anderen Seite ein französisches Unternehmen, das dieses Öl kaufen will», so Washington. «Normalerweise überweist das französische Unternehmen Dollars nach Teheran. Neu soll es das Geld aber auf dieser europäischen Handelsplattform deponieren.» Das Geld gehörte dann zwar den Iranern, es bliebe aber in Europa. «Wenn der Iran dann beispielsweise von einem italienischen Unternehmen Autos kaufen will, dann kann dieser italienische Hersteller das Geld von der Plattform beziehen.»

Verzögerungen bei der Realisierung: Das EU-Projekt wurde angekündigt als eines, das auch von China und Russland unterstützt wird. Ziel war, die Plattform am Tag der Inkraftsetzung der neuen US-Sanktionen zur Verfügung zu stellen. «Die EU ist aber noch nicht soweit», weiss der Brüssel-Korrespondent. Sie habe zu wenig Zeit gehabt, ausserdem gebe es verschiedene, knifflige Fragen, die noch nicht gelöst seien – zum Beispiel, wo diese Plattform domiziliert sein soll. «Offensichtlich haben verschiedene Länder Sorgen, dass sie, wenn die Plattform von ihrem Territorium aus betrieben würde, in den Bannstrahl von US-Sanktionen geraten könnten.»

Eine Angriffsfläche bleibt: Würden künftig via der eigens geschaffenen Handelsplattform Geschäfte mit Iran getätigt, so wäre lediglich das Dollar-Problem gelöst. «Aber man würde ja immer noch mit dem Iran handeln, nämlich beispielsweise Öl beziehen», so Washington. Das wollen die USA unterbinden. Die Plattform würde die beteiligten Unternehmen also nicht gänzlich vor Sanktionen schützen. Deshalb ziehen sich derzeit viele europäische Unternehmen sicherheitshalber aus dem Iran zurück.

Chancen für das Vorhaben: Ob die Plattform je zustande kommt, wagt der EU-Korrespondent nicht vorauszusagen. «Klar ist: Der Wille ist gross.» Heute seien die USA dominant in Handelsfragen. Dazu gehöre, dass die meisten internationalen Transaktionen in Dollar stattfänden. «Diese Dominanz gibt der US-Regierung eine enorme Macht, und davon möchte sich Europa befreien.» Eine solche Plattform wäre ein Schritt in diese Richtung.

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