Die olympischen Winterspiele werden 2022 in Peking stattfinden. Dass China solche Mega-Events auf die Beine stellen kann, hat es schon bei den Sommerspielen vor über zehn Jahren bewiesen.
Doch anders als die Sommerspiele fristet der Wintersport in China ein Nischendasein. Damit sich dies ändert, investiert China in grosse Skigebiete und in Indoor-Skianlagen. Chinesinnen und Chinesen sollen so auf den Geschmack kommen.
Skifahren auf Rollbändern
In den Indoor-Skihallen fahren die Skifahrer auf vier Meter breiten Rollbändern – höhenverstellbar, je nach Schwierigkeitsgrad. Auch die Geschwindigkeit lässt sich anpassen. Dabei tragen sie keine Handschuhe und keine dicken Jacken, sondern kurze Hosen, Jeans und T-Shirts. In den Hallen ist es nicht kalt, sondern angenehm warm. Das einzige was an Schnee erinnert, sind die Plakate mit den Bergkulissen an den Wänden.
In China fahren jetzt noch sehr wenig Menschen Ski. Uns fehlt eine Ski-Kultur.
Die Ski- und Snowboardfahrer hier gehören zu einer Minderheit, erklärt Wang Jian, der Betreiber der Indoor-Halle «Xueleshan»: «In China fahren jetzt noch sehr wenig Menschen Ski. Von der Gesamtbevölkerung sind es nicht einmal ein Prozent. Uns fehlt eine Ski-Kultur.» Skifahren konnte man lange – wenn überhaupt – nur im Nordosten. In den meisten Landesteilen, vor allem im Süden schneie es ja nicht einmal, sagt Wang Jian.
300 Millionen Chinesen sollen Wintersport treiben
Indoor-Hallen wie «Xueleshan» sollen dies ändern. Die Firma wurde 2015 gegründet, kurz nachdem Peking den Zuschlag für die olympischen Winterspiele bekommen hat.
Damals gab der chinesische Präsident auch seine Vision bekannt: Bis 2022 – also bis zu den Winterspielen in Peking – sollen 300 Millionen Chinesen Wintersport treiben – rund ein Viertel der Bevölkerung.
Wintersport ist jetzt viel präsenter in den Medien.
Der Plan der Regierung sei inzwischen auch bei den verschiedenen Sport- und Bildungsbehörden angekommen, erklärt Wang Jian.
Dieser Plan ist eindrücklich: In den nächsten Jahren sollen im ganzen Land 800 Skianlagen entstehen. Staatliche Schulen bieten den Schülerinnen und Schülern Skikurse an. Auf richtigen Pisten draussen, aber auch Indoor-Anbieter wie Xueleshan werden regelmässig von ganzen Schulklassen gebucht.
Skifahren als exklusives Hobby
Vom Skifieber lassen sich auch Erwachsene anstecken: Zum Beispiel Han Ming. Die Enddreissigerin sitzt zwischen zwei Rollbändern und steigt in die Skischuhe, zusammen mit ihrem sechsjährigen Sohn besucht sie hier einen Ski-Kurs.
Vom Angebot habe sie Online erfahren, sagt sie, und sei neugierig geworden: «Ich fand das interessant, und dann wollte ich, dass mein Sohn mehr Sport macht. Vielleicht gewinnt er in Zukunft ja mal ein Rennen.»
Als Erwachsene ist Frau Han hier in der Minderheit. Der Grossteil der Skischüler in Xuele Shan, erklärt Betreiber Wang Jian, sei zwischen 3 und 12 Jahre alt. Mal-, Tanz- oder Kung-Fu-Unterricht reichen vielen chinesischen Eltern nicht mehr.
Die Kinder sollen etwas Besonderes lernen. Zum Beispiel Tauchen – oder eben Skifahren.
Und: Sie lassen sich das etwas kosten: Ein Abo mit Unterricht kostet im Jahr 10.000 Renminbi, das sind umgerechnet rund 1500 Franken. Für die chinesische Mittelklasse ist dies bezahlbar – und je nach Wohnort auch deutlich günstiger als Ausflüge in Skigebiete.
Ob die chinesische Regierung ihr ehrgeiziges Ziel bis zu den olympischen Winterspielen erreicht – also in nur drei Jahren wirklich 300 Millionen Chinesen Wintersport treiben – kann Betreiber Wang Jian nicht sagen. Was er sagen kann: Von den Winterspielen in Peking 2022 profitiert sein Geschäft schon jetzt.