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Orbans Alleingänge stossen der EU sauer auf
Aus SRF 4 News aktuell vom 16.07.2024. Bild: Keystone/Alexander Zemlianichenko
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Orban bei Putin, Xi und Trump Darum reagiert die EU jetzt auf Ungarns Alleingänge

Die Alleingänge von Ungarns Regierungschef Viktor Orban in der Ukrainepolitik haben Folgen: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat entschieden, dass künftig alle informellen Ministertreffen unter der Leitung Ungarns ohne EU-Kommissarinnen und -Kommissare stattfinden werden. Ungarn hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne. Was das konkret bedeutet, erklärt EU-Korrespondent Charles Liebherr.

Charles Liebherr

EU-Korrespondent

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Charles Liebherr ist EU-Korrespondent von Radio SRF. Davor war er unter anderem in der SRF-Wirtschaftsredaktion tätig, später war er Frankreich-Korrespondent. Liebherr studierte in Basel und Lausanne Geschichte, deutsche Literatur- und Sprachwissenschaft sowie Politologie.

Weshalb boykottiert von der Leyen Ungarn gerade jetzt?

Derzeit tagt das neue EU-Parlament in Strassburg – und Kommissionspräsidentin von der Leyen muss sich am Donnerstag der Wiederwahl stellen. Dies dürfte bei ihrer Boykott-Entscheidung zumindest einen Einfluss gehabt haben. Denn schliesslich ist sie auf jede Stimme im proeuropäischen Lager angewiesen, um wiedergewählt zu werden. Das EU-Parlament wiederum nimmt für sich in Anspruch, ein besonderes Augenmerk auf Orban und seine Machenschaften zu haben, entsprechend fordert es von der EU-Kommission eine harte Haltung gegenüber Ungarn.

Wie wichtig sind die informellen Treffen überhaupt?

Bei den Treffen werden normalerweise Entscheide vorbereitet – also Absprachen getroffen und Kompromisse gesucht –, damit bei den formellen Treffen dann auch tatsächlich Entscheide gefällt werden können. Die EU-Ratspräsidentschaft versucht in diesem Rahmen dann, Entscheide vorzuspuren. Allerdings befindet sich die EU nach den Wahlen in einer Übergangsphase, die Spitzenposten werden bis Ende Jahr vergeben. Entsprechend ruhen die Gesetzesmühlen der EU derzeit etwas, und die Rolle Ungarns ist in den nächsten Monaten nicht sehr entscheidend.

Wären auch schärfere Massnahmen gegen Ungarn möglich?

Theoretisch könnten die EU-Staaten Ungarn die Ratspräsidentschaft entziehen und sie direkt dem turnusgemässen Nachfolger – das wäre Polen – übergeben. Das aber wäre unverhältnismässig und kam in der Geschichte der EU auch noch nie vor. Angesichts der Übergangsperiode in der EU kann man Ungarn mit dem Boykott der Ministertreffen jetzt also etwas ins Offside stellen – ohne grosse Folgen für beide Seiten. Man sitzt die Monate der ungarischen Ratspräsidentschaft einfach aus.

Was bedeutet das für Ungarns Ratspräsidentschaft?

Ungarn zeigt sich ob des Boykotts zwar entrüstet, doch das gehört mit zum Spiel – und die Folgen sind sehr begrenzt. Natürlich ist der Boykott nicht gut für Ungarns Image, aber darum foutiert sich Premier Orban ja ohnehin. Seine Provokationen geschehen ganz bewusst – und sie sind wohl auch so ausgewählt, dass sie nur beschränkten Schaden anrichten können. Grundsätzlich ist das Verhältnis zwischen Ungarn und Brüssel nachhaltig gestört – und Orban und seine Regierung tun jetzt bloss das, was sie seit Jahren immer dreister tun: so viel Sand wie möglich ins Getriebe der EU streuen.

Die umstrittenen Treffen Viktor Orbans

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Legende: Reuters

Ungarn hat am 1. Juli für sechs Monate turnusgemäss die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Nur wenige Tage danach reiste Regierungschef Viktor Orban nach Kiew zu Präsident Wolodimir Selenski und danach weiter nach Moskau zu Kremlchef Wladimir Putin. Er inszenierte die Reise als «Friedensmission» zur Lösung des Ukrainekonflikts – aber ohne Rückendeckung oder Kenntnis der Reisen in Brüssel.

Später flog Orban dann auch noch nach Peking zu einem Gespräch mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, ausserdem traf er in den USA den früheren US-Präsidenten und designierten republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. 

Die Reisen stiessen in der EU auf grossen Unmut – vor allem, weil der Kreml den Moskau-Besuch Orbans für seine Propaganda ausschlachten konnte und Orban dabei nicht klar und eindeutig die EU-Position zum Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine vertrat. Diese sieht Putin ganz klar als Aggressor, der den Krieg am 24. Februar 2022 grundlos und völkerrechtswidrig begonnen hat – und ihn mit einem Rückzug seiner Truppen innert Tagen beenden könnte. (dpa)

SRF 4 News aktuell, 17.7.2024, 10:05 Uhr ; 

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