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Pandemie in den USA In den Schlachthöfen grassiert das Coronavirus

Tausende Mitarbeiter von US-Fleischfabriken haben sich angesteckt. Im Land von Hamburger und Barbecue kommt es zu Liefer-Engpässen.

«Jeder hat Angst. Aber was soll ich tun? Ich brauche das Geld», sagt der junge Mitarbeiter vor dem Eingang einer grossen Fleischfabrik in Iowa. In dem Schlachthof wurden bereits mehr als tausend Angestellte positiv getestet. Und in dutzenden anderen Fleischfabriken des Landes sind die Fallzahlen ähnlich eindrücklich.

An den Fliessbändern arbeiten die Mitarbeiter oft Schulter an Schulter. So kann sich das Coronavirus schnell verbreiten. Offizielle Quellen sprechen von gut 20 Todesopfern unter den Angestellten in den USA. Doch Investigativ-Reporter haben bereits über 50 Todesfälle aufgelistet und zählen über 12'500 infizierte Mitarbeiter.

Geschlossene Fleischfabriken

Im Land von Hamburger und Barbecue werden die harten Bedingungen, unter welchen das Fleisch verarbeitet wird, oft ausgeblendet. Mit der Pandemie hat sich das geändert. «Es ist auch sonst ein harter Job», sagt Carolyn Dimitri von der New York University. Sie ist auf Lieferketten in der Landwirtschaft spezialisiert.

«Auf das Wohlergehen der Arbeiter wird kaum geachtet. Hauptsache, das Fleisch ist im Laden so günstig wie möglich», sagt Dimitri. Nun rächt sich dies. Einige der wichtigsten Fleischfabriken des Landes mussten wegen der vielen Infektionen geschlossen werden, mit weitreichenden Folgen für Konsumenten und Landwirte.

Tausende Tiere eingeschläfert

Stehen die Schlachthöfe still, können die Bauern ihre Tiere nicht mehr abliefern. Zehntausende Tiere müssten deshalb eingeschläfert werden, sagt Chris Bomgaars vom Landwirtschafts-Dienstleister EveryPig: «Die Bauern wissen sonst nicht wohin mit den Tieren. Es bricht einem das Herz, das zu sehen».

Für die Konsumenten hat dies erste Engpässe zur Folge. Der Fastfood-Gigant Wendy's musste vorübergehend mehrere Produkte aus dem Sortiment streichen. Die Grosshandelsketten Costco und Kroger rationieren in einigen ihrer Läden den Fleischverkauf. Auch die Preise steigen.

Expertin Carolyn Dimitri rechnet nicht mit einem landesweiten Ausfall der Versorgung. Aber: «Es kann sein, dass Konsumenten mal nicht genau das Fleisch finden, das sie gerne hätten und etwas anderes nehmen müssen.»

Trump interveniert

Präsident Trump hat die Fleischfabriken per Dekret verpflichtet, den Betrieb wieder aufzunehmen. Die Gewerkschaften kritisieren dies scharf. In vielen Schlachthöfen gäbe es zu wenige Tests, der Schutz der Mitarbeiter sei mangelhaft. Das Leben von Amerikanern werde durch die Entscheidung des Weissen Hauses gefährdet.

Einige Fleischfabriken haben den Schutz der Mitarbeiter mittlerweile verbessert, beispielsweise mit Trennglas zwischen den Arbeitsplätzen. Doch lokale Gesundheitsbehörden stemmen sich an einigen Standorten gegen die rasche Wiedereröffnung der Betriebe. Längst nicht alle Fabriken haben wieder geöffnet. Die Krise im US-Fleischmarkt ist noch nicht überwunden.

Tagesschau v. 12.5.20, 12:00 Uh

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