Es wird sich schon sehr bald ergeben, dass deutsche und amerikanische Kampfpanzer gegen russische Soldaten in den Krieg ziehen. Seit 1945 war dieser Gedanke undenkbar. Fast überall standen Panzer hauptsächlich in der Garage, Soldaten übten in den engen Stahlkolossen Szenarien, an die eigentlich niemand mehr glaubte.
Panzerkrieg? Vorbei. Wenn schon, dann würden Kriege heute digital geführt. Aber Panzerschlachten? Die gehörten in Europa in die Geschichtsbücher.
Nach langem Zögern und Zaudern hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz jetzt offenbar durchgerungen: Deutschland schickt Leopard-2-Panzer in die Ukraine. Einige europäische Länder werden mitziehen, allen voran Polen.
Keine Alleingänge
Scholz hatte eine klare Bedingung für die Panzer-Lieferung. Sie muss breit abgestützt sein, die Amerikaner sollten an Bord sein. Alleingänge wollte Scholz – und viele in seiner SPD – unbedingt vermeiden. Niemals dürfte Deutschland als Kriegspartei wahrgenommen werden – gegen Russland erst recht nicht. Auch mit Blick auf Hitlers verbrecherischen Krieg von 1939 bis 1945 gegen die Rote Armee, gegen die ganze Menschheit, gegen die Menschlichkeit überhaupt.
Scholz wollte die grosse Allianz – und so wie es aussieht, bekommt er sie nun. Die USA werden mitmachen und Abrams-Panzer schicken. Die westliche Welt gegen Kriegstreiber Putin.
Laut war das Geschrei, die Forderungen, endlich vorwärtszumachen. Die Rufe kamen aus dem Ausland, vor allem aus Polen und dem Baltikum. Länder, die unmittelbare Nachbarn des Kriegs sind und damit in grosser Angst.
Die Rufe kamen von der Opposition, natürlich, aber auch aus den eigenen Reihen der Ampel-Koalition. Grüne und die FDP griffen den Kanzler scharf an.
Ein kluger Schachzug
Doch Scholz blieb hart. Die Amerikaner müssen mit an Bord sein – sonst geht gar nichts. Diese Haltung wird sich schon bald als kluger Schachzug herausstellen.
Man muss es sagen: Scholz hat Führungsstärke bewiesen. Putin plant offenbar eine Frühlingsoffensive, es könnte fürchterlich und blutig werden, fürchterlicher noch und blutiger als bisher.
Gleichzeitig hat Scholz jene nicht ganz im Regen stehen lassen, welche gar keine Panzer wollten. In seiner SPD, vor allem im friedensbewegten Flügel, wird es noch viel Überzeugungskraft brauchen. Denn so klar ist die Lage weder in der eigenen Partei noch in der Bevölkerung. In Umfragen geben rund die Hälfte der Deutschen an, sie wollten gar keine Panzer liefern. Deutschland solle sich von den Schlachtfeldern fernhalten.
Ob die Panzer der Ukraine tatsächlich zum Sieg verhelfen werden, weiss niemand. Aber Scholz wird sich kaum vorwerfen lassen können, zusammen mit den Partnern aus EU und Nato nicht alles versucht zu haben, der Ukraine zu helfen.
Zumindest so lange nicht die nächste Forderung auf dem Tisch liegt: jene nach Kampfflugzeugen.