Die Sieger: Das Bündnis um die rechtsradikale Partei Fratelli d'Italia hat sich bei der Wahl in Italien die absolute Mehrheit der Sitze in beiden Kammern des Parlaments gesichert. Das bestätigten am Montagabend Zahlen des Innenministeriums. Triumphieren kann vor allem eine: Giorgia Meloni, deren Fratelli stärkste Kraft wurden und sich im Vergleich zu 2018 erheblich verbesserten. «Das ist eine Nacht des Stolzes, der Erlösung, der Tränen, der Umarmungen, der Träume, der Erinnerungen», sagt die 45-Jährige, die seit ihrer Jugend politisch aktiv ist, in ihrer Rede. Wenn diese Nacht vorbei sei, müsse aber klar sein, «dass dies nicht das Ziel, sondern der Anfang ist».
Die Verlierer: Die bisher mitregierenden Sozialdemokraten erkannten den Sieg des Rechtslagers an. Sie beabsichtigen, in die Opposition zu gehen. Das Wahlbündnis der Sozialdemokraten mit linken Parteien und Grünen kommt auf 39 Senatoren und 80 Abgeordnete. Die Fünf-Sterne-Bewegung, die an jeder der drei Regierungen seit der letzten Parlamentswahl beteiligt war, kommt auf 28 Senatoren und 51 Abgeordnete.
Die Wahlbeteiligung: Mehr als 50 Millionen Italienerinnen und Italiener waren am Sonntag zur Stimmabgabe aufgerufen. Doch nach drei Regierungen innerhalb einer Legislaturperiode sind die Menschen in dem Mittelmeerland der Politik offensichtlich überdrüssig. In der Nachkriegszeit war die Wahlbeteiligung noch nie so niedrig. Weniger als zwei Drittel machten von ihrem Stimmrecht Gebrauch. «Die Politikmüdigkeit der Italienerinnen und Italiener ist deutlich spürbar», sagt SRF-Korrespondentin Simona Caminada in Rom.
So geht es weiter: Die Fratelli, die rechtspopulistische Lega und die konservative Forza Italia kommen demnach im Senat zusammen auf 114 der 200 Sitze, in der Abgeordnetenkammer auf 235 von 400. Geschlossene Bündnisse waren vom Wahlsystem bevorteilt. Als Chefin der stärksten Partei könnte Meloni die künftige Regierung als erste Ministerpräsidentin Italiens anführen.
Wer regiert nun eigentlich: Die Partei Melonis wird häufig als postfaschistisch bezeichnet. Sie ist eine der Nachfolgeparteien der Bewegung MSI, die von ehemaligen Funktionären des faschistischen Diktators Benito Mussolini (1883-1945) nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde. Meloni bekennt sich zu den Wurzeln ihrer Partei und verurteilt den Faschismus nicht gänzlich. Im Logo führen die 2012 gegründeten Fratelli d'Italia eine Flamme, die an Mussolini erinnert und die ein Symbol der Rechten ist. Meloni sagt, sie sei «stolz» darauf. Die Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) konnten zuletzt von ihrer Rolle als einzige nennenswerte Opposition zur Vielparteienregierung unter Führung des international höchst angesehenen Mario Draghi profitieren. 2018 hatten sie gerade mal etwas mehr als 4.0 Prozent erreicht.
Die 45-jährige Meloni versuchte im Wahlkampf, Sorgen im Ausland vor einer Regierungsübernahme der Rechtsparteien zu zerstreuen und versicherte, dass ein verlässlicher Partner bleiben werde. Zudem wies sie zurück, dass ein Wahlsieg der Fratelli zu einer autoritären Wende oder dem Austritt Italiens aus der Europäischen Union und der Gemeinschaftswährung Euro führen könnte.