- Indiens Premierminister Narendra Modi hat sich bei der Parlamentswahl zum Sieger erklärt, sein Koalitionsbündnis erlitt jedoch einen herben Rückschlag.
- Die BJP sicherte sich 240 der insgesamt 543 zur Wahl stehenden Sitze, wie Daten der Wahlkommission nach dem Auszählen aller Stimmen zeigten.
Sie bleibt aber weiter stärkste Kraft. Zusammen mit ihren Koalitionspartnern kommen die Hindu-Nationalisten nach Auswertung örtlicher Medien auf 292 Sitze, die eine Regierungsbildung zuliessen. Es wurde erwartet, dass Modi nach Premier Jawaharlal Nehru der zweite Regierungschef seines Landes wird, der drei Amtszeiten in Folge regieren kann.
Bei der vorherigen Wahl im Jahr 2019 hatte die BJP noch allein 303 Sitze gewonnen – und damit deutlich mehr als die zum Regieren erforderliche Mehrheit von 272 Mandaten. Zusammen mit ihren Verbündeten hatte sie vor fünf Jahren 353 Sitze und damit eine satte Mehrheit. Vor dieser Wahl hatte Modi als Ziel ausgegeben, diese Mehrheit auf mehr als 400 Sitze auszubauen. Doch ein solch überwältigender Sieg blieb aus.
Stattdessen konnte das Oppositionslager unter der Führung der Kongresspartei überraschend zulegen. Die Kongresspartei verdoppelte ihre Sitzzahl im Vergleich zu der vergangenen Wahl im Jahr 2019 beinahe – von 52 auf 99 Sitze – und bleibt zweitstärkste Kraft. Ihr Oppositionsbündnis kam lokalen Medien zufolge auf 234 Sitze.
Diskriminierung von Muslimen und anderen Minderheiten
Der Wahlkampf war stark von der hindu-nationalistischen Agenda des 73-Jährigen geprägt, der sich als Indiens starker Mann präsentierte. Er und seine Partei wollen Indien zu einem Staat nur für die hinduistische Mehrheit machen, die 80 Prozent der Bevölkerung ausmacht.
Schon jetzt werden Muslime und andere religiöse Minderheiten zunehmend wie Bürger zweiter Klasse behandelt. Modi bezeichnete Muslime gar als «Eindringlinge». Den Wahlkampf begann er auf den Ruinen einer jahrhundertealten Moschee, die radikale Hindus zerstört hatten. Einem Priester gleich weihte Modi dort einen grossen hinduistischen Tempel ein. Modis Agenda ist das genaue Gegenteil der Vision von Gründervater Mahatma Gandhi, der sich einst für eine strikte Trennung von Religion und Staat ausgesprochen hatte.
Aufstieg Indiens unter Modi
Modi kam vor einem Jahrzehnt mit dem Versprechen an die Macht, die indische Wirtschaft umzugestalten. Seither hat sich das Land stark verändert. Er liess Milliardensummen in neue Infrastruktur investieren. Überall entstehen neue Strassen, Flughäfen und Bahnverbindungen.
Die Wirtschaftsleistung hat sich nahezu verdoppelt, inzwischen ist Indien die fünftgrösste Wirtschaftsmacht der Welt, was Investoren anlockt. In aller Welt wird das Land um sein Wirtschaftswachstum beneidet, die Aktienmärkte boomen. Die Digitalisierung schreitet voran, mobile Netze sind günstig. Im vergangenen Jahr gelang Indien sogar eine erfolgreiche Mondlandung – als viertem Land überhaupt. Doch es gibt Risse in der schönen Fassade.
Arbeitslosigkeit und soziale Spannungen
Viele Menschen finden keinen Job, Arbeitslosigkeit und Inflation sind hoch. Rund 800 Millionen der 1.4 Milliarden Menschen kommen offiziellen Angaben zufolge nur mit Sozialhilfe über die Runden. Das Wachstum ist extrem ungleich verteilt.
Immer wieder wies das Oppositionslager um die Kongress-Partei auf diese Zustände hin – und fand nun offenbar Gehör.