Vor einem Jahr gab es die Partei «Europa Jetzt!» noch gar nicht – und nun hat sie in kurzer Zeit nach den Präsidentschaftswahlen auch die Parlamentswahlen gewonnen. Damit dürfte sie demnächst an der Spitze der neuen Regierung stehen.
Dabei profitiert die Partei vom Nimbus des Frischen: Viele Menschen haben die Nase voll von den etablierten Parteien und ihren Korruptionsskandalen. «Europa Jetzt!» ist ein Versprechen für eine bessere politische Zukunft.
Grosse Versprechen in der Wirtschaftspolitik
Im Wahlkampf setzte die Partei auf das Thema Wirtschaft – und scheint damit einen Nerv getroffen zu haben. Die Inflation ist hoch in Montenegro, ebenso die Arbeitslosenquote. Versprechungen wie die Erhöhung des Mindestlohns oder die Reduzierung der Arbeitszeit auf sieben Stunden klingen da verlockend. Nur: Wie diese Versprechen finanziert werden sollen, bleibt bisher offen. Zumal Montenegro schon jetzt hoch verschuldet ist.
Auch sonst bleiben viele Positionen von «Europa Jetzt!» unklar. Beispiel Aussenpolitik: Wie es der Name schon sagt, gibt sich die Partei europafreundlich. Der EU-Beitritt ist das erklärte Ziel. Gleichzeitig soll sich Montenegro aber auch dem grossen Nachbarn Serbien annähern. Das sind traditionellerweise zwei gegensätzliche Positionen in Montenegros Politik.
Keine stabilen Verhältnisse
In welche Richtung es gehen wird, könnte sich auch mit der Wahl der künftigen Regierungspartner entscheiden. «Europa jetzt!» und ihre Verbündeten verfügen über keine Mehrheit. Ein mögliches Szenario ist eine Minderheitsregierung unter der Duldung eines der grossen Parteienblöcke.
Da kämen rein rechnerisch der pro-serbische Block oder die Sozialisten in Frage. Während die einen gegen eine EU-Integration sind, ist für die anderen eine Annäherung an Serbien keine Option. Beides sind erklärte Ziele von «Europa Jetzt!» – doch beides dürfte mit den aktuellen Verhältnissen nicht zu haben sein. Es dürften also harte Verhandlungen auf die Wahlsieger warten.
Instabile Regierung droht
Bereits die letzten Jahre waren in Montenegro von instabilen politischen Verhältnissen geprägt. Innerhalb kurzer Zeit sind gleich zwei Regierungen gescheitert. «Europa Jetzt!» hat von dieser Krise profitiert. Nun sind sie selbst in der Regierungsverantwortung und mit den hohen Erwartungen der Wählerinnen und Wähler konfrontiert. Bestehen sie diese Prüfung nicht, kann es gut sein, dass die junge Kraft so schnell wieder verschwindet, wie sie aufgetaucht ist.