Der Wahlsieg der Sozialisten fällt deutlicher aus, als es Umfragen zuletzt erwarten liessen: Diese deuteten auf ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen hin zwischen der sozialistischen Regierungspartei und der Oppositions-Partei Partido Social Democrata, die Mitte rechts steht. Dazu kam es nicht: Die Mehrheit der Sozialisten ist eindeutig und hat Seltenheitswert in einem Land, in dem Minderheitsregierungen die Norm sind.
Zu den vorgezogenen Neuwahlen kam es, nachdem das Bündnis der Sozialisten mit dem Linksblock (Bloco de Esquerda) im Herbst an einem Budget-Streit zerbrach. Der Linksblock hatte von den Sozialisten zuletzt mehr Geld verlangt für soziale Reformen. Zu teuer fand das Premier António Costa, der für seine Ausgabendisziplin und seinen Pragmatismus bekannt ist. Mit den Neuwahlen ging Costa ein kalkuliertes Risiko ein. Sein Ziel: Die eigene Partei zum absoluten Mehr im Parlament führen und gleichzeitig den Linksblock in die Schranken weisen.
Dieses Risiko hat sich für Costa und seine Sozialistische Partei gelohnt: Einen Bündnis-Partner braucht die Partei nun nicht mehr, sie kann alleine regieren und steht damit stärker da, als vor den Wahlen.
Rechtsaussen sind die Populisten stark wie nie
Allerdings: Der Preis für die absolute Mehrheit im Parlament ist hoch. Denn auch die Chega geht als Siegerin aus den Wahlen hervor: Die rechtspopulistische Protest-Partei holt zwölf Sitze – so viele, wie noch nie. Damit sind die Rechtspopulisten neu drittstärkste Kraft im Land.
Das Erstarken der rechtspopulistischen Chega dürften tiefe Spuren hinterlassen in der portugiesischen Politik. Hier hat sich Costa verkalkuliert: Der Frust im Land ist gewachsen. Einen Teil dieses Frusts konnte die Chega jetzt für sich nutzen: Die Partei politisiert Rechtsaussen, hetzt etwa gegen Homosexuelle oder Fahrende.
Costa hat deshalb jetzt die einmalige Chance Portugal fit zu machen für die Zukunft.
Für Costa und seine Sozialisten könnten die Rechtspopulisten langfristig zum Problem werden. Doch nach Jahren des Sparens fliessen jetzt und bis 2027 rund 45 Milliarden Euro von Brüssel nach Portugal. Damit will die Europäische Union die portugiesische Wirtschaft weiter anschieben, und die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abfedern. Costa hat deshalb jetzt die einmalige Chance Portugal fit zu machen für die Zukunft, den frustrierten Portugiesinnen und Portugiesen etwas zu bieten und dem Rechtspopulismus damit den Nährboden wieder zu entziehen.