Pedro Sánchez’ Ehefrau, sein Bruder, einer seiner früheren Minister, sein Generalstaatsanwalt: Gegen sie alle laufen gerichtliche Verfahren. Für die Gegner des sozialistischen Ministerpräsidenten ist das ein gefundenes Fressen.
So lässt etwa Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo von der konservativen Volkspartei kaum eine Gelegenheit aus, ihn anzuprangern: «Pedro Sánchez ist umgeben von Korruption, in seinem Umfeld, in seiner Regierung, in seiner Partei», sagte Feijóo etwa vor den Medien im Kongresshaus. Bei anderer Gelegenheit forderte er den Ministerpräsidenten zum Rücktritt auf.
Jede Person mit einem Minimum an Anstand würde zurücktreten.
Rechtskräftig bewiesen sind Feijóos Anschuldigungen zwar nicht. Er bezieht sich auf laufende Ermittlungen. So wie im Falle von Begoña Gómez, der Ehefrau des Ministerpräsidenten. Ihr wird vorgeworfen, sie habe ihre Stellung ausgenutzt – im Zusammenhang mit einem Posten an der Universität Madrid.
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Bild 1 von 2. Die spanische Justiz richtet sich nicht nur gegen Personen aus Pedro Sánchez' Umfeld, sondern auch gegen seine Gesetze. Bildquelle: EPA/BORJA PUIG DE LA BELLACASA.
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Bild 2 von 2. Die Ehefrau von Spaniens Premier Pedro Sánchez, Begoña Gómez, auf dem Weg zu einer Befragung im Parlament von Madrid. Bildquelle: Keystone/EPA/Javier Lizon.
Der Sozialist Sánchez selber sieht die Vorwürfe gegen seine Gattin als reinen Versuch, ihn politisch zu diskreditieren. Tatsächlich stammt die Anzeige gegen seine Frau von «Manos Limpias» («saubere Hände»), einer Organisation aus dem rechtsextremen Umfeld.
Woher eine Klage komme, dürfe aber kein Kriterium sein, sagt dazu Joaquín Urías, Professor für Verfassungsrecht an der Universität Sevilla. Gerade bei Korruption seien Gerichte angehalten, genau hinzuschauen und Ermittlungen zu starten, «sobald es Indizien oder kleinste Beweismittel gibt».
Verfassungsrechtler kritisiert Ermittlungen auf gut Glück
Doch genau dies sei im Falle von Begoña Gómez nicht der Fall. «Der Richter hat die Untersuchung ohne jegliche Beweise eröffnet. Die Anzeige bestand nur aus einem spekulativen Zeitungsartikel.» Trotzdem ermittle der Richter nun bereits seit einem Jahr, schlicht mit dem Ziel, auf ein allfälliges Delikt zu stossen.
Solche Ermittlungen auf gut Glück seien aber gar nicht erlaubt, kritisiert Joaquín Urías. «Dass der Richter sie trotzdem führt, deutet darauf hin, dass er weniger die Wahrheit sucht, sondern ein politisches Ziel verfolgt – nämlich Ministerpräsident Pedro Sánchez zu schaden.»
Verfassungsrechtler Joaquín Urías ist überzeugt, dass die spanische Justiz häufig politisch motiviert handle. Er hat in seinem Buch «Die Justiz auf der Anklagebank» diverse Beispiele dafür zusammengetragen.
Justiz sei traditionellerweise ideologisch geprägt
Der Verfassungsrechtler sieht historische Gründe für die mangelnde Neutralität der spanischen Gerichte. Es seien Nachwehen der Zeit der Franco-Diktatur. Beim Übergang zur Demokratie vor 50 Jahren habe keine genügende Erneuerung des Systems stattgefunden. Auch heute noch seien viele spanische Richterinnen und Richter politisch eher rechts ausgerichtet.
Es braucht nicht linke Richterinnen und Richter. Sondern gute.
Dies an sich sei aber gar nicht problematisch. «Es braucht nicht linke Richterinnen und Richter. Sondern gute. Solche nämlich, bei denen man, wenn man ihre Urteile liest, nicht merkt, ob sie links oder rechts sind», sagt Urías.
Ansetzen müsse man dafür bei der Ausbildung. Zukünftige Richterinnen und Richtern müssten besser lernen, wie sie die Grenze zwischen ihrer persönlichen Haltung und ihrer Arbeit einhalten könnten. Damit die politischen Kämpfe in Spanien künftig dort ausgetragen werden, wo sie hingehören: in die Politik, nicht in die Justiz.