Boris Johnson ist auf die grosse Bühne zurückgekehrt. Fast vier Stunden wurde der ehemalige Premierminister vom «Privileges Commitee» des britischen Parlaments in die Zange genommen. Der Ausschuss untersucht, ob Johnson im Zusammenhang mit der «Partygate»-Affäre das Parlament belogen hat. Der damalige Premierminister versicherte dem Unterhaus während der Pandemie mehrfach, in Downing Street seien die Covid-Regeln nie gebrochen worden.
Während dem Lockdown ging es in Downing Street ziemlich bunt zu und her. Zwölf «Partys» mit Alkohol, Pub Quiz, Karaoke und anderen Vergnügungen verzeichnete die Polizei. Wegen Verletzung der Covid-Regeln stellte die Metropolitan Police am Ende in Downing Street 126 Bussen aus.
Johnsons unplausible Erklärung
Trotzdem beharrte der damalige Premierminister Boris Johnson im Unterhaus darauf, dass es in Downing Street keine Partys gegeben habe. «Die Covid-Regeln wurden stets befolgt.» Als die Beweislast jedoch erdrückend wurde, musste sich Johnson entschuldigen. Die Frage lautet jedoch längst nicht mehr, ob es Partys gegeben hat oder nicht, sondern ob der damalige Premierminister das Parlament belogen hat.
Boris Johnson akzeptierte vor dem Parlamentsausschuss, dass er das Unterhaus allenfalls in die Irre geführt habe. Dies sei jedoch weder absichtlich noch fahrlässig geschehen. Er habe dem britischen Parlament lediglich mitgeteilt, was er zum damaligen Zeitpunkt wusste und glaubte. Er habe sich dabei auf seine Berater verlassen. Gemäss diesen habe es sich bei den umstrittenen Anlässen nicht um Partys, sondern um Arbeitstreffen gehandelt.
Die Erklärung klingt wenig überzeugend. Es war der Premierminister, der in täglichen Medienkonferenzen die Bevölkerung aufforderte, die Pandemie-Regeln zu befolgen. Es ist verständlich, dass sich ein Premierminister bei Auftritten im Parlament nicht um jedes Detail kümmern kann und deshalb auf Sprechnotizen seiner Berater angewiesen ist. Um zu wissen, dass Champagner, Bier und eine Karaoke-Anlage nicht zur Standard-Ausrüstung einer Arbeitssitzung gehören, brauchen die meisten Leute jedoch keinen Berater. Und wenn der einzige Mensch im Land, der dies nicht weiss, ausgerechnet der Premierminister ist, dann hat er ein gröberes Problem.
Politische Karriere in Schieflage
Boris Johnson befindet sich politisch einmal mehr im Überlebensmodus. Sollte die Ethik-Kommission zum Schluss kommen, dass er das Parlament bewusst oder fahrlässig angelogen hat, wird sie eine Sanktion aussprechen. Dies kann ein Verweis sein oder ein vorübergehender Ausschluss aus dem Parlament. Wenn dieser länger als zehn Tage beträgt, käme es in Johnsons Wahlbezirk fast sicher zu Neuwahlen. Die Wahrscheinlichkeit, dass er dabei sein Parlamentsmandat verlieren würde, ist gross.
Das letzte Wort wird in einigen Wochen das Parlament haben. Johnson und seine Anhänger hoffen, dass möglichst viel konservative Parlamentarierinnen und Parlamentarier gegen eine Disziplinarmassnahme stimmen werden.
Das Problem ist jedoch, dass mittlerweile selbst viele Konservative überzeugt sind, dass es nur einen Weg gibt, das angeschlagene Vertrauen der britischen Wählerinnen und Wähler wiederzugewinnen. Die Altlast «Partygate» endlich zu beseitigen. Egal wie ruinös dies für die politische Karriere von Boris Johnson sein mag.