Warum ist diese Woche entscheidend für Boris Johnson? Ende dieser Woche oder Anfang nächster Woche soll ein interner Untersuchungsbericht zum sogenannten «Partygate» publiziert werden. Der Bericht soll Antworten zu folgenden Fragen liefern: Wie oft fanden im Amtssitz von Boris Johnson, der Downing Street Nr. 10, Partys statt, die gemäss Corona-Regeln verboten waren? Wer nahm teil? Wer wusste alles davon? Die Öffentlichkeit interessiert vor allem, wie stark Boris Johnson selber in den Partygate-Skandal verwickelt ist.
Die Ergebnisse des Berichts könnten dazu führen, dass Johnsons Partei, die Torys, ihn mittels eines Misstrauensvotums des Amtes entheben. Darüber hinaus könnte die Metropolitan Police aufgrund der Ergebnisse eigene Ermittlungen aufnehmen. Die Tage vor der Publikation versucht Johnson zu nutzen, um seine politische Zukunft zu retten. Denn seine Umfragewerte bei der Wählerschaft sind unterdessen so schlecht wie zuletzt diejenigen seiner Vorgängerin Theresa May, kurz bevor sie zurücktrat.
Wie konnte es so weit kommen? Seit Wochen tauchen neue Enthüllungen zu verbotenen Partys auf, die entweder in der Downing Street oder in anderen Abteilungen der Regierung stattfanden. Hinter den Veröffentlichungen steckt unter anderem Dominic Cummings, ein früherer Berater von Johnson, der gefeuert wurde. Die BBC hat die bisher bekannten Feiern aufgelistet und zählt 18 Stück.
Der britische Premier hatte mehrmals verneint, etwas gewusst zu haben. Er musste aber letzte Woche, nach neuer Beweislast, dann doch zugeben, an einer Gartenparty im Lockdown teilgenommen zu haben. Eine der Feiern mit organisiertem DJ fand in der Nacht vor der Beerdigung von Prinz Philip statt – also während der offiziellen Staatstrauer. Der Premierminister war nicht anwesend, dennoch hat diese Party viele Britinnen und Briten am meisten entsetzt, sie empfinden es als äusserst pietätlos gegenüber der Queen. Die Partei muss unterdessen täglich zittern, dass neue Enthüllungen mit peinlichen Details folgen.
Welche Optionen hat Johnson noch? Diese Woche versucht Johnson mit der sogenannten Operation «Red Meat» (rotes Fleisch), seine Abgeordneten und die Wählerschaft mit politischen «Fleisch-Häppchen» zu besänftigen. Dazu gehören populistische Vorstösse wie die Abschaffung der BBC-Gebühren ab 2027 und der Einsatz des Militärs gegen die Migrantinnen und Migranten im Ärmelkanal. Ein Ablenkungsmanöver, welches ihm Zeit verschaffen könnte.
Doch: Sollte die konservative Partei Boris Johnson noch nicht nach dem internen Untersuchungsbericht absetzen, dann – so vermuten viele Beobachterinnen und Beobachter – bei einer der nächsten Gelegenheiten. Etwa im Frühling, wenn die stark steigenden Gasrechnungen für schlechte Stimmung sorgen oder nach den Lokalwahlen im Mai. Denn viele in seiner Partei bezweifeln, dass Johnson genügend Glaubwürdigkeit hat, um die Partei in die nächsten Parlamentswahlen zu führen.