Am Ende ging alles sehr schnell. Doch Pierre Krähenbühls Abgang als Chef des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA) hat eine Vorgeschichte. Sie begann bereits im Sommer. Seit dann läuft eine Untersuchung der Oios, einer Art UNO-interner Geschäftsprüfungskommission, gegen die UNRWA-Führung.
Mittwoch früh teilte das Palästinenserhilfswerk mit, Krähenbühl trete in Ausstand, bis die Untersuchung abgeschlossen sei. Der Brite Christian Saunders wurde als Interims-Chef eingesetzt.
Kurz darauf liess UNO-Generalsekretär Antonio Guterres verlauten, ein erster Zwischenbericht der Oios schliesse aus, dass der Schweizer betrogen oder Hilfsgelder missbräuchlich verwendet habe, erklärte UNO-Chefsprecher Stéphane Dujarric.
Was wurde Krähenbühl zum Verhängnis?
Es gebe aber Hinweise auf Managementprobleme, die angegangen werden müssten. Am Abend dann teilte Dujarric mit, Pierre Krähenbühl habe UNO-Chef Guterres soeben über seinen sofortigen Rücktritt informiert.
Keine Aussagen macht die UNO zum Vorwurf, Krähenbühl habe auch eine Liebesbeziehung zu einer Untergebenen unterhalten und diese protegiert. Im Westschweizer Fernsehen hat Krähenbühl alle Vorwürfe bestritten: «Ich werde dies auch weiterhin tun.» Der UNO-Untersuchungsbericht soll Ende November abgeschlossen sein und publiziert werden.
Abgang zu einem schlechten Zeitpunkt
Krähenbühls Abgang kommt zu einem Zeitpunkt, da die UNRWA in der Krise steckt und unter gravierenden Finanzproblemen leidet. Israel und die USA beschuldigen sie, im Nahostkonflikt Teil des Problems zu sein und nicht Teil der Lösung, weil sie palästinensische Flüchtlinge und deren Nachkommen dauerhaft unterstütze, statt ihre Integration in arabische Länder zu fördern.
Die USA kürzten deshalb ihre Beiträge massiv. Wegen der Untersuchung gegen die UNRWA-Führung zahlen auch die Schweiz, die Niederlande und weitere Staaten vorläufig nicht mehr.
Offenbar sah Krähenbühl zuletzt keine Chance mehr, in Ehren in sein Amt zurückzukehren. Der Vorgang könnte für die UNRWA ein Befreiungsschlag sein, weil der vorläufige Nachfolger Saunders der kritisierten alten Führung nicht angehörte.