Was ist die UNRWA? Die UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees) wurde 1949 gegründet und ist eine Hilfs- und Entwicklungsagentur. Sie erbringt Leistungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, soziale Dienste und Nothilfe für nahezu fünf Millionen Palästina-Flüchtlinge im Gazastreifen, im Westjordanland, in Jordanien, im Libanon und in Syrien. Leiter ist seit 2013 der Schweizer Pierre Krähenbühl.
Wie lauten die Vorwürfe? «Es geht um Machtmissbrauch, Korruption oder Vetternwirtschaft», so Fredy Gsteiger, UNO-Kenner von SRF. Letzlich gehe es um den Vorwurf, dass eine kleine Machtclique innerhalb der UNRWA alles zentralistisch entscheide. Die Vorwürfe sind in einem noch unveröffentlichten Bericht der Ethikabteilung zu finden. Der katarische TV-Sender Al Jazeera und UNO-Generalsekretär António Guterres würden jedoch Bescheid wissen.
Wie plausibel sind die Vorwürfe? Die Vorwürfe werden nun von der OIOS, einer Art Geschäftsprüfungskommission, untersucht. Die Untersuchungen könnten aber Monate dauern. Gsteiger findet es aber auch erwähnenswert, die Umstände zu berücksichtigen. «Die UNRWA befindet sich im Umbruch, nicht zuletzt weil die amerikanischen Gelder, also ein Drittel des Budgets, fehlen.» Es gebe viele Verschiebungen und wegen der politischen Vorwürfe auch Neubesetzungen. «Möglicherweise gründen manche der Vorwürfe auch darin, dass viele Mitarbeiter mit der Situation nicht zurechtkommen», meint Gsteiger.
Was sagt Krähenbühl zu den Vorwürfen? «Krähenbühl hat sich gegenüber Al Jazeera geäussert und dort im Wesentlichen gesagt, dass die Vorwürfe unseriös und falsch seien», so Gsteiger. Auf einzelne Vorwürfe könne er nicht eingehen, weil die UNO selbst die ganze Sache noch abkläre und der Bericht nicht vollständig sei.
Was bedeuten die Vorwürfe für die UNRWA? «Reputationsschaden», ist sich Gsteiger sicher. Falls sich die Vorwürfe gegen Generalkommissar Pierre Krähenbühl bestätigen sollten, würde es für diesen sehr schwierig werden, sich in der Chefposition halten zu können. Zusätzlich würde sich das Finanzierungsproblem verschärfen, da die Geberländer ihr Vertrauen in die Führung verlieren würden. Aber: «Selbst wenn sich die Vorwürfe bestätigen sollten, steht die UNRWA als Organisation nicht grundsätzlich zur Disposition», hält Gsteiger fest.
Ist es die erste Krise der UNRWA? Nein, so haben etwa die USA der UNO-Organisation Geld gestrichen, weil sie fehlerhaft arbeite. Und der Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis sagte im Frühling, das Hilfswerk sei nicht mehr Lösung, sondern Teil des Palästinenserproblems.