Der 27. Dezember ist dieses Jahr in Polen zum ersten Mal ein Feiertag. Erst gerade wurde der Tag zum «Nationalen Tag des siegreichen grosspolnischen Aufstands» erklärt. Der Feiertag ist eine Erinnerung an einen Aufstand in der damals noch deutschen Stadt Posen im Jahr 1918 und der jüngste Zuwachs in einer übertrieben langen Reihe von patriotischen Gedenktagen in Polen.
Klar, Polen ist ein versehrtes Land. Eines mit vielen tragischen Erinnerungen – an die Nazis, die hier Millionen umbrachten, an die Sowjets, die den polnischen Bruderstaat gängelten, Erinnerungen auch an die 123 Jahre vor dem Ersten Weltkrieg, als Polen aufgeteilt war zwischen Russland, Preussen und dem Habsburgerreich. Es gibt in Polen also viele und gute Gründe fürs Gedenken.
Verdoppelung der patriotischen Feiertage
Noch nie allerdings wurde so eifrig gedacht in den letzten Jahren. Seit die Rechtsnationalen in Polen an der Macht sind, trifft sich die Regierungsspitze gefühlt im Wochentakt zu Kranzniederlegungen, am liebsten vor Gräbern, in denen Helden oder Märtyrer oder – noch besser – heldenhafte Märtyrer liegen.
Und weil Politiker nicht gerne allein sind bei ihrem Gedenken, haben die Rechtsnationalen in den letzten Jahren auch die Zahl der patriotischen Gedenktage verdoppelt. Neu gibt es zum Beispiel den Tag des Kampfes und des Märtyrertums polnischer Dorfbewohner, den Gedenktag für die standhaften Kleriker oder eben auch den heutigen Tag des siegreichen grosspolnischen Aufstands.
Gedenken nur an die Helden
Es gab polnische Helden. Aber es gab eben auch polnische Täter und viele, die bei Grausamkeiten weggeschaut haben. Doch an die wollen die Rechtsnationalen nicht denken, ihrer Opfer nicht gedenken.
Und so haben die vielen neuen patriotischen Feiertage einen schalen Beigeschmack. Mit dem unablässigen Feiern polnischer Helden will die Regierung, so scheint es, den Polinnen und Polen einimpfen, dass sie Teil einer heldenhaften und stets bedrohten Nation sind, einer Nation auch, die immer auf sich allein gestellt ist.
Gedenken als Ablenkungsmanöver
Das stimmt so nicht. Doch es lenkt ab davon, wie sehr sich die polnischen Rechtsnationalen rundherum verkracht haben – mit der Europäischen Union, mit Deutschland und ein Stück weit sogar mit dem Weissen Haus in Washington. Sie haben sich in eine Sackgasse manövriert, aus der sie nicht mehr herauszufinden scheinen. In einer solchen Gegenwart ist der Blick zurück auf eine verklärte Vergangenheit besonders erfreulich.
Bei der Bevölkerung dürfte die Freude über den jüngsten Feiertag allerdings gering sein. Der Staatspräsident sagte, als er das Gesetz dazu unterschrieb, «Es wäre schwierig gewesen einen weiteren arbeitsfreien Tag durchzubringen.» Und fügte an: Die «hart arbeitenden und gut organisierten Menschen Grosspolens» würden das auch gar nicht wollen. Auch da dürfte er einen etwas verklärten Blick auf die eigene Nation haben.