Im Mai sind es zwei Jahre, seit der deutsche Ex-Bundespräsident Horst Köhler als UNO-Friedensvermittler für die Westsahara zurücktrat. Unter ihm gab es zumindest Ansätze zu Verhandlungen zwischen Marokko, das grösstenteils die einst zu Spanien gehörenden Westsahara besetzt, und der Unabhängigkeitsbewegung Polisario, die für einen souveränen Staat für das Volk der Sahraouis kämpft.
Aufflammen des Konflikts verhindern
Seither sucht UNO-Generalsekretär Antonio Guterres verzweifelt einen Nachfolger für Köhler. Bisher erfolglos. Über seinen Sprecher Stéphane Dujarric richtet Guterres aus, er tue sein Möglichstes, um einen völligen Kollaps des Waffenstillstandes von 1991 zu verhindern.
Gleichzeitig häufen sich bei den UNO-Blauhelmtruppen Meldungen, dass dieser Waffenstillstand bereits zunehmend verletzt wird. Eben erst töteten die Marokkaner, mutmasslich mit einer Drohne, den Chef der Gendarmerie der Polisario. Die UNO mahnt Zurückhaltung an.
Der letzte Anwärter für den Vermittlerposten wurde dieser Tage von der Polisario abgelehnt. Andere Kandidaten waren Marokko nicht genehm. Und etliche sagten Guterres von sich aus ab. Südafrikas UNO-Botschafter Jerry Matthew Matjila fordert, der nächste Vermittler müsse dringend wieder einen Verhandlungsprozess in Gang bringen.
Bloss: Noch gibt es weder einen Vermittler noch einen Verhandlungsprozess. Das widerspricht dem UNO-Prinzip, dass stets ein Friedensprozess läuft, wo UNO-Blauhelme eingesetzt werden – diese sollen ja nicht auf ewig bleiben.
Marokko will kein Referendum über Unabhängigkeit
Marokko hält daran fest, sich die Westsahara dauerhaft einzuverleiben, macht sein UNO-Botschafter Omar Hilale deutlich. Es sei offenkundig, dass das Land zu Marokko gehöre: historisch, politisch, geografisch, religiös und juristisch.
Die UNO, die Afrikanische Union und die Polisario hingegen fordern seit langem ein Referendum über die Unabhängigkeit. Marokko lehnt das strikte ab. Es will bestenfalls über eine begrenzte Autonomie unter marokkanischer Herrschaft diskutieren. Die UNO-Vetomacht Frankreich stützt diese Position, bekräftigt Aussenminister Jean-Yves Le Drian.
Unterstützung Trumps und die Folgen
Überraschende Unterstützung bekam Marokko von US-Präsident Donald Trump in dessen letzten Amtswochen. Er anerkannte die marokkanische Souveränität über die Westsahara – weil Marokko im Gegenzug diplomatische Beziehungen mit Israel aufnahm.
Damit warf Trump die jahrzehntelange US-Aussenpolitik über den Haufen, die auf eine Verhandlungslösung gemäss UNO-Vorgaben hinarbeitete. Selbst Republikaner waren empört. Die Regierung von Joe Biden fragt sich nun, ob es wirklich nötig war, einen derart hohen Preis zu bezahlen für die marokkanische Annäherung an Israel.
US-Handlungen bleiben ungewiss
Ob Präsident Biden die Anerkennung der marokkanischen Herrschaft über die mutmasslich rohstoffreiche Westsahara widerruft, bleibt ungewiss. Und ohne massiven Druck von aussen wird König Mohammed VI. von Marokko keinesfalls einlenken.
Zupass kommt ihm, dass der Westsahara-Konflikt, anders als die Kriege in Syrien, Jemen oder Libyen, im Schatten der internationalen Schlagzeilen stattfindet. Jedenfalls täte sich auch ein neuer UNO-Vermittler schwer, wenn es ihn denn überhaupt mal gibt.