US-Aussenminister Mike Pompeo ist auf Osteuropa-Reise. Nach Budapest und Bratislawa wird er am Mittwoch Warschau besuchen. Dort findet eine internationale Nahost-Konferenz statt, an der auch US-Vizepräsident Mike Pence teilnimmt.
Doch dem hohen Besuch aus den USA geht es in Osteuropa nicht primär um den Nahen Osten, wie SRF-Korrespondentin Sarah Nowotny weiss.
SRF News: Worum geht es den USA bei der Konferenz in Warschau?
Sarah Nowotny: Es geht wohl eher um den fernen Westen als um den Nahen Osten. Osteuropa sucht die Nähe zu US-Präsident Donald Trump. Die Beziehungen haben durchaus Tradition. So hatte US-Präsident George W. Bush die Länder Osteuropas 2002 bekanntlich als das «neue» und «gute» Europa bezeichnet. Dies, weil sie die USA im Zweiten Irakkrieg ohne Zögern unterstützt hatten – im Gegensatz zu vielen westeuropäischen Ländern.
Osteuropa ist in einer Beziehungskrise mit den Ländern Westeuropas.
Hat die neuste Annäherung unter Trump auch etwas mit den ähnlichen, populistischen Politstilen zu tun?
Das Element «starke Männer unter sich» mag eine Rolle spielen, es gibt allerdings auch handfestere Gründe. So steckt Osteuropa in einer Beziehungskrise mit den Ländern Westeuropas. In der EU streitet man über Rechtsstaatlichkeit und Demokratie – und darüber, ob Osteuropa eine Art EU zweiter Klasse sei. Deshalb zeigen sich diese Länder offen für Avancen aus anderen Weltgegenden.
Osteuropa setzt bislang auf die Nato als Schutzschild gegen Russland. Was erhofft man sich von den USA?
Aufrüstung. US-Aussenminister Pompeo unterschreibt auf seiner Reise durch die osteuropäischen Hauptstädte überall Verträge über Waffenlieferungen aus den USA und Verteidigungszusammenarbeit. Nach der Kündigung des INF-Vertrags durch die USA über das Verbot von atomaren Mittelstreckenraketen wird eine neue Rüstungsspirale befürchtet. Und seit der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 geht die Angst vor dem aggressiv auftretenden Russland um.
Welche Rolle spielen Wirtschaftsinteressen?
Viele osteuropäische Länder sind stark von russischen Energielieferungen abhängig. Doch kürzlich hat man vor der rumänischen Küste im Schwarzen Meer Gasvorkommen entdeckt. Man hofft nun, dadurch von Moskau unabhängiger zu werden. Um das Gas zu fördern, setzt man nun auf die Hilfe von US-Konzernen wie Exxon.
Man munkelt, dass Washington in Sachen China Druck auf die osteuropäischen Regierungen macht.
Auch China engagiert sich wirtschaftlich stark in Osteuropa, etwa beim Ausbau des 5G-Handynetzes. Gefährdet dies nicht das gute Verhältnis mit Washington?
Das gefällt den Amerikanern überhaupt nicht – und man munkelt hier sogar, dass Washington auf die osteuropäischen Regierungen in der Sache Druck macht. Der umstrittene chinesische Tech-Konzern Huawei sorgte in Osteuropa in letzter Zeit für Schlagzeilen im Zusammenhang mit Spionage-Vorwürfen. Es geht das Gerücht um, die USA könnten hier die Finger mit im Spiel haben.
In Ungarn war Pompeo bei Regierungschef Viktor Orban. Allerdings suchte dieser in letzter Zeit auch die Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin. Wie geht das zusammen?
Orban tanzt auf mehreren Hochzeiten. Beim Besuch Pompeos in Budapest gab sich Orban betont freundlich und einladend, andererseits braucht er russisches Geld, etwa zum Bau von Atomkraftwerken. Bislang ist Orban der Spagat gelungen, ohne eine der beiden Seiten zu verärgern. Doch wenn sich der Konflikt zwischen den USA und Russland zuspitzen sollte, stellt sich die Frage, wie lange das noch gutgeht.
Das Gespräch führte Roger Brändlin.