Polen und Ungarn sind beide EU- und Nato-Mitglieder und beide Länder haben eine schwierige Vergangenheit mit der Sowjetunion, dem Vorgängerstaat Russlands. Ihre Positionen im Ukraine-Konflikt unterscheiden sich jedoch.
Das antirussische Polen
Polen ist seit jeher anti-russisch und sucht die Nähe zum Westen. «Wenn hier der kalte Ostwind durch Warschaus Strassen pfeift, dann sagt man: Alles Schlechte kommt aus dem Osten», weiss SRF-Osteuropakorrespondentin Sarah Nowotny. Man dürfe mit Polinnen und Polen nicht von Osteuropa sprechen, sondern man spreche von Zentraleuropa.
Die polnische Regierung reagiert deutlich auf die russischen Aggressionen gegenüber der Ukraine. Die Osteuropakorrespondentin sieht einen Grund darin, dass Polen die Ukraine als Sicherheitswall zwischen sich und Russland sehe. «Viele Menschen haben Angst, sollte dieser Wall fallen, dass Polen als Nächstes kommt.»
Das Land stand am längsten, wenn auch teilweise, unter russischer Herrschaft. Die Rede sei dabei nicht nur von der Sowjetunion. «Polen war länger als 120 Jahre geteilt und ein Teil des Landes war unter russischer Herrschaft des Zaren.»
Polen will nun mit der Ukraine und auch mit Grossbritannien einen Sicherheitspakt schliessen. Sarah Nowotny stuft den Versuch jedoch unter anderem als PR ein. Denn so ein Pakt würde weder Polen, noch die Ukraine schützen. Der Pakt könnte aber auch der Versuch von polnischer Diplomatie sein, um international wieder eine Rolle zu spielen.
Heute sei die polnische Diplomatie international bedeutungslos. «Die polnische Regierung streitet so viel mit der Europäischen Union.» Als Putin den Osten der Ukraine ins Visier nahm, sei das anders gewesen, sagt Nowotny. «Damals hat Polen eine wichtige Rolle gespielt und versucht, zusammen mit Deutschland und Frankreich zu vermitteln.»
Das gespaltene Ungarn
Ungarn auf der anderen Seite sei viel ambivalenter. «Regierungschef Viktor Orbán versucht, das Geld aus allen Richtungen ins Land zu holen. Zum Beispiel beim ungarischen Atomkraftwerk, das Orbán ausbauen möchte, setzt er auf Russland als Investor und Financier», so Nowotny.
Vor über zehn Jahren ging es Ungarn wirtschaftlich schlecht, das Land war verschuldet. Damals habe man sinnvollerweise nicht nur auf europäische Länder als Partner gesetzt. Heute hingegen sehe das anders aus. «Ungarn handelt vor allem mit Europa und nicht mit Russland. Deshalb die Vermutung, dass es vor allem um gute Geschäfte für die geht, denen es sowieso schon gut geht», so Nowotny.
Ein Grund für den Strategiewechsel Ungarns sieht die Korrespondentin in der russischen internationalen Investmentbank. Diese hat ihren Hauptsitz neu in Budapest. «Die Bank finanziert zwar grössere Vorhaben im Land, spielt aber keine grosse Rolle in der ungarischen Wirtschaft. Umgekehrt erhalten aber die Russinnen und Russen, die dort arbeiten, diplomatische Privilegien.»
Klar auf Putins Seite positioniere sich Orbán allerdings nicht. Die Zurückhaltung gegenüber der Ukraine rührt auch von persönlichen Konflikten her: «Ungarn sagt, dass die Ukraine die ungarische Minderheit im Land schlecht behandle, sie piesacke, sie ihre Rechte nicht ausleben lasse.» Auch deshalb sei Orbán sehr zurückhaltend im Ukraine-Konflikt.