Gerade nochmal gut gegangen: Am Ende war der Entscheid der Parteibasis eindeutig. Die Basis der «Républicains» hat Valérie Pécresse mit 60 Prozent der Stimmen zur Kandidatin erkoren. Die Präsidentin der Region Île-de-France wird im nächsten Jahr als erste Frau die traditionsreichen Konservativen bei einer Präsidentenwahl 2022 vertreten.
Das Resultat stärkt den Konkurrenten
Aber die 40 Prozent für ihren Konkurrenten Eric Ciotti müssen der Parteileitung zu denken geben. Ciotti, der am rechten Flügel der Partei politisiert, hat die parteiinterne Kandidatenwahl zwar verloren, wie erwartet. Aber das Resultat hat ihn gestärkt. Er hat nicht nur den ersten Durchgang knapp für sie entschieden. Er hat in der 2. Runde nochmals deutlich zugelegt, obwohl die drei unterlegenen Kandidaten aus der ersten Runde einmütig hinter Valérie Pécresse standen.
Pécresse hatte im parteiinternen Wahlkampf keine Gräben aufgerissen und sich als Teamspielerin positioniert. Dies entsprach genau den Vorgaben der Parteileitung, die verhindern wollte, dass die Primärwahlen die Partei spalten könnten, wie bei den Wahlen vor fünf Jahren.
Dies haben «Les Républicains» geschafft – aber nun dürfte Eric Ciotti programmatisch Konzessionen fordern. Politisch liegt er auf einer ähnlichen Linie wie die Konkurrenz rechts aussen: Vorrang für französische und EU-Bürgerinnen und Bürger auf dem Arbeitsmarkt, bei Sozialleistungen und sozialem Wohnungsbau.
Ciotti auf einer Linie mit Le Pen und Zemmour
Diese Vorschläge Ciottis könnten auch aus den Wahlprogrammen von Marine Le Pen oder Eric Zemmour stammen. Den «Républicains» ist ein grosser Teil der Basis nach rechts gerutscht. In der Mitte hat die Partei Terrain verloren – zum Beispiel an «Horizons», die neue Partei des ehemaligen Premierministers Edouard Philippe, der im Wahlkampf Emmanuel Macron unterstützen will.
Bereits haben prominente «Républicains» gewechselt. Zum Beispiel Christian Estrosi, der einflussreiche Stadtpräsident von Nizza, oder Renaud Muselier. In diesem Sommer wurde er mithilfe von «La République en Marche» und der Linken gegen den Kandidaten des Rassemblement National im Amt bestätigt. Estrosi und Muselier kommen aus der gleichen Region wie Eric Ciotti und pflegen mit ihm eine langjährige Parteifeindschaft.
Schwierige Aufgaben für Valérie Pécresse
Valérie Pécresse will nun bestehende Gräben innerhalb der Partei zuschütten und die unterschiedlichen Flügel zusammenbringen. Der gemeinsame Gegner sei Präsident Emmanuel Macron, den es zu schlagen gelte. Dies stimmt für die zweite Runde. Im ersten Wahlgang aber heissen die wirklichen Konkurrenten Eric Zemmour und Marine Le Pen.
Diese muss Valérie Pécresse schlagen, wenn sie in die Stichwahl kommen will – zumindest so lange Präsident Macron mit sicherem Abstand an der Spitze liegt, wie dies im Moment alle Umfragen sagen.
Stimmen gewinnen muss sie dafür nicht nur auf der Rechten, sondern auch in der politischen Mitte, wo auch Präsident Macron fischt. Zu viele Konzessionen an die Linie von Eric Ciotti wären für sie dabei gefährlich.