Es wird alles aussehen wie bei einer richtigen Wahl: Es gibt Wahlzettel, Wahllokale, die Wahlhelfer zählen Stimmen aus – und am Schluss wird auch noch darüber diskutiert, welcher Kandidat wie viele Prozent bekommen hat.
Allerdings wissen alle Beteiligten jetzt schon, wer den Urnengang «gewinnt»: Wladimir Putin. Was Russland in den kommenden Tagen veranstaltet, ist keine Wahl, es ist eine aufwändig inszenierte Imitation einer Wahl.
Unterdrückung nimmt zu
Putin hat vor zwei Jahren die Ukraine überfallen – und dieser Krieg veränderte auch Russland. Aus einem autoritär regierten Staat wurde eine Diktatur: Kritische Medien mussten schliessen, zahlreiche Oppositionelle, unabhängige Journalisten und kritische Denkerinnen flohen ins Ausland. Wer dennoch Widerstand leistet, riskiert Gefängnis oder noch Schlimmeres: Putins grösster Widersacher Alexei Navalny kam im Februar in einem Straflager nördlich des Polarkreises zu Tode.
In einem solchen Klima ist an eine richtige Wahl nicht zu denken. Da nützt es auch nichts, dass der Kreml drei Gegenkandidaten zulässt: einen zahmen Liberalen, einen Kommunisten und einen Nationalisten. Die drei sind nur Staffage, sie sollen der Wahlfarce einen Hauch von Echtheit verleihen. Bezeichnend: Zwei richtige Oppositionelle, die Putin kritisieren und sich gegen den Krieg aussprechen, wurden gar nicht zugelassen.
Warum aber organisiert der Kreml überhaupt ein solches Spektakel? Die Antwort: Putin hat wie alle Diktatoren ein Problem. Er muss sich selbst und dem Volk ständig beweisen, dass er ein legitimer Machthaber ist. Politiker in Demokratien haben solche Sorgen nicht: Es ist klar, warum sie im Amt sind – und wie lange.
Machthaber auf Lebenszeit
Putin dagegen regiert faktisch schon seit 24 Jahren und will nochmal mindestens 6 Jahre anhängen. Er sieht sich offenkundig als Machthaber auf Lebenszeit. Da müssen schon gewichtige Gründe her, um so einen Anspruch begründen zu können. Aber solche Gründe gibt es in Russland kaum: im Vergleich zu vielen Ländern ist Russland immer noch ein armes Land. Bei der Wirtschaftsleistung pro Kopf liegt es gerade mal auf Platz 60. Und dann ist da der Krieg, der riesige Ressourcen verschlingt, in dem auch viele russische Soldaten sterben und dessen Sinn sich vielen Menschen in Russland nicht richtig erschliesst.
Da kommt die «Wahl» von diesem Wochenende für Putin wie gerufen. So undemokratisch der Urnengang ist, am Ende wird ein glanzvolles Resultat herauskommen. Vielleicht sind es 75 Prozent, vielleicht 85 Prozent, die angeblich für den Machthaber gestimmt haben. Die Propagandisten werden froh die Botschaft verkünden, das Volk stehe hinter Putin, es stehe hinter seiner Politik, seinem Krieg. Aus dem folgt dann auch: Wenn die Menschen einen Anführer so sehr lieben, ist er eigentlich unverzichtbar.
Putins Wahl von diesem Wochenende ist also nicht einfach undemokratisch, sie dient auch dazu, die Diktatur in Russland weiter zu zementieren.