Auf einer Wiese neben dem Dorffussballplatz in einer kleinen Siedlung südlich von der Hauptstadt Mbabane sitzen 16 junge Frauen auf dem Boden im Kreis. Sie sind da für einen HIV-Präventionskurs, und erfahren wollen sie dabei vor allem eines: «Wir wollen wissen, wie PrEPs funktionieren», sagt eine Kursteilnehmerin.
PrEP, das ist die sogenannte «Prä-Expositions-Prophylaxe», die präventive Einnahme von Medikamenten zum Schutz vor HIV. PrEPs gelten in der HIV-Forschung in Eswatini als Gamechanger. Sie ermöglichen den Frauen, sich selbst zu schützen, ohne auf die Kooperation der Männer angewiesen zu sein.
Armut und Patriarchat
Denn anders als in den übrigen Weltregionen stecken sich Frauen in Subsahara-Afrika viel häufiger mit HIV an als Männer.
Die Frauen können das Kondombenutzen nicht verhandeln.
Bei den 15- bis 19-Jährigen waren laut UNAIDS im letzten Jahr sechs von sieben neu Angesteckten Frauen. Das habe viele Gründe, doch am Schluss gehe es um Armut und das Patriarchat, sagt Sindy Matse, Leiterin des nationalen Aids-Programms in Eswatini: «Die Frauen können das Kondombenutzen nicht verhandeln.»
Zum Teil seien sie häuslicher Gewalt ausgesetzt oder liessen sich aus Armut auf Sex ein im Gegenzug für Essen, Kleider oder Geld. «Und meist sind die Männer rund zehn Jahre älter, da gibt es ein Machtgefälle.»
HIV auf dem Rückzug
Heute leben rund 220'000 Personen in Eswatini mit HIV. Das sind rund 26 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner, die älter sind als 15 Jahre. Eswatini habe grosse Fortschritte gemacht bei der HIV-Eindämmung, so Sindy Matse vom nationalen Aids-Programm. Haben sich 2010 noch rund 14'000 Personen in Eswatini neu mit HIV angesteckt, so sind es heute nur noch rund ein Drittel so viele.
Die Zahl der Aids-Toten ging zurück von rund 10’000 im Jahr 2005 auf 2370 im letzten Jahr. Als erstes Land in Afrika hat Eswatini das weltweit gesetzte «95-95-95»-Ziel zur Beendigung der HIV-Epidemie erreicht. Heute wissen 94 Prozent der mit dem HI-Virus infizierten Menschen in Eswatini, dass sie HIV-positiv sind, 97 Prozent derer nehmen ihre HIV-Medikamente und 96 Prozent derer sind nicht mehr ansteckend.
Stigma und Vorurteile
Dabei werde auch die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) eine wichtige Rolle spielen, so die HIV-Expertin. Die Anzahl der Menschen, die PrEPs einnehmen, hat sich in Eswatini in den letzten fünf Jahren verfünfzehnfacht.
Ein kleines Detail erschwert den weitverbreiteten Gebrauch der Prophylaxe aber nach wie vor: Die Pillen sehen genau gleich aus, wie die Medikamente, die man einnimmt, wenn man HIV-positiv ist. Für die jungen Frauen im HIV-Präventionskurs ein Hindernis.
Freunde und Familie könnten denken, man sei HIV-positiv. «Sie sollten ein Pulver machen, oder eine kleinere Pille», beklagt sich eine Kursteilnehmerin. Die HIV-Infektionen in Eswatini gehen zurück. Doch patriarchale Strukturen, Armut und Stigma sind nach wie vor gut funktionierende Bremsen bis zum Ende der Epidemie.